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Kammg-arn-Fabrikation und Färberei.
Die Erzeugung umfasst, was die Kammgarnfabrik in Vöslau, das bedeutendste Eta
blissement dieses Industriezweiges in Oesterrrich-Ungarn betrifft, folgende Arbeiten:
1. Das Sortiren der Wollen. Die W ollen, aus vielen Ländern Europa’s stammend,
werden von London und Antwerpen im Schweisse, in Halbwäsche, theilweise auch ganz
gewaschen bezogen und in der Spinnerei ausschliesslich durch Mädchen im Alter von 15
bis 18 Jahren sortirt. Dieser Arbeitsprozess, für welchen Feinheit des Haares und Länge
(Kammgehalt) der Fasern massgebend sind, erfordert ein sicheres Urtheil und grosse
Aufmerksamkeit, damit die Sorten, aus deren jeder eine andere Nummer gesponnen werden
kann, genau entfallen und nicht untermischt werden. Gewöhnlich werden alle Wollen in
Kammwolle und Abfälle sortirt.
In Anbetracht der Wichtigkeit guten Lichtes wird diese Arbeit nur bei Tage vor
genommen. Zwei Mädchen oder Frauen arbeiten gewöhnlich zusammen, und erhalten, je
nach der Schwere der Wolle, 25 bis 35 Kreuzer per Centner. Der Verdienst beträgt im
Durchschnitte 3 1 /. 2 fl. per Woche.
2. Das Wolfen und Waschen der Wolle, letzteres bei circa 40° Wärme in
3 bis 4 Seifenbädern, geschieht durch Männer, da es eine schwere Arbeit ist. Frauen und
Mädchen finden jedoch auch hier bei einigen Hilfsarbeiten Verwendung; so bei dem
Auflegen, Wegtragen der Wolle u. s. w. Im Taglohne stehend, verdienen sie 3'/ 2 fl. bis 4 fl.
per Woche.
3. D as Kardiren der gewaschenen und darnach halbgetrockneten Wolle. Das
Abnehmen der Spulen, Transportiren, Putzen, Schleifen der Karden, Einölen u. s. w. ge
schieht durch Männer, dagegen das Aufbreiten auf das Zuführtuch der Karden durch
Mädchen und Knaben. Im Taglohne stehend, verdienen sie 3 fl. bis 3'/ 2 A- P er Woche.
4. Das Kämmen der Wolle auf den nach verschiedenen Systemen construirten Ma
schinen, das Plätten, die Strecken-Bedienung vor und nach dem Kämmen geschieht durch
erwachsene Mädchen. Alle in diese Gruppe fallenden Arbeiten sind auf Besichtigung und
Bedienung von Maschinen zurückzuführen, erfordern daher nur ein sehr geringes Mass
körperlicher Kraft. Der Verdienst erreicht die Höhe von 4 fl. bis 4 fl. 50 kr. per Woche,
in einzelnen Fällen auch 5 fl.
5. Das Vorspinnen der gekämmten Wolle, auf einer Beihe von Maschinen aus
geführt, ist ebenfalls eine leichte Arbeit, da sie nur die Aufmerksamkeit erheischt, dass
die Maschinen regelmässig arbeiten. Der vorhergegangenen im Auflegen, Abnehmen u. s. w.
bestehenden Verrichtung gleich, äussert sich die Thätigkeit hier im Aufstecken, Abziehen
der Spulen, Oelen und Kernigen der Maschinen. Bei einer Maschine ist gewöhnlich eine Per
son beschäftigt. Der Verdienst erreicht 4 bis 4'/ 2 fl. per Woche, in einzelnen Fällen
auch mehr.
6. Das Fein spinnen der von den Vorspinn-Systemen vorgesponnenen Wolle ge
schieht entweder auf Mule-Handmaschinen oder auf Selfactings, wobei ausschliesslich
Männer als Spinner, Regulirer, sowie Knaben als Andreher, Aufstecker verwendet werden.
Es gibt jedoch auch Water-Maschinen, auf welchen Kettengarn gesponnen wird. Diese
werden von Mädchen bedient. Die Arbeit der letzteren besteht lediglich im Aufstecken, im
Anlegen, wenn ein Faden gerissen ist, und im Abziehen. Der Verdienst erreicht per Woche
die Höhe von 3 1 /, bis 4 fl.
7. Das Zwirnen von gesponnenem Garn. 2-, 3-, 4- und mehrfach, besorgen eben
falls von Mädchen und Frauen bediente Maschinen. Der Lohn erfolgt nach dem Gewichte,