den jungen Münchner auf dem Wege zur Klärung. Farbe ist ihm die Hauptsache,
und er suchte sie anfangs fast ausschliesslich als Fleischfarbe. „Danae", „Die
Ringer", „Adam und Eva" - immer wieder trachtet er, durch energisches
Nebeneinandersetzen der erschauten Töne dem Eindruck natürlichen, vibrirenden
Hautlebens nahezukommen. Dass er dabei mit Vorliebe die hässlichsten Modelle
wählt, beruht wohl mit darauf, dass deren Farbe sich in pikanteren Extremen
bewegt, als das sogenannte Hübsche. Jedenfalls erreicht er dabei einen hohen
Grad von Aufrichtigkeit, und wo er weniger derb zugreift, wie bei dem mannig-
faltig modulirten Fleischton im Porträt des alten Barons Sch., oder dem wohlig
verschmolzenen Altelfenbeinton einer sogenannten „Nackenstudie", wird selbst ein
empfindlicherer Geschmack zustimmen. Auch ein Selbstbildnis besticht durch
einfache kräftige Behandlung. Eine grosse Todtentanz-Scene vom Maskenball
(„Der grüne Domino") ist ein kühnes, aber starkes Stück eigenthümlicher Farben-
vision. Im grünen Domino steckt der Tod, aber eine kleine Alltags-Bacchantin mit
feuerrother Mähne reisst ihn ahnungslos zu neuem Tanze fort. Um dieses starke
Roth und Grün her scheinen die fernher Bimmemden Lichterreihen der Galerien
und Kronleuchter gleich Sternbildern zu kreisen. Das alles ist mit ungebrochener
Naturkraft gegeben, die sich in Form und Farbe verhaut, aber das malerische
Problem in ihrer Weise vergewaltigend löst. Dass der Künstler sich ernstlich
discipliniren will, ersieht man aus einigen Bildern, die auf alte Niederländer
zurückgehen. Auf Rubens „Frau Aventiure", wo ein blanker Harnisch und
blühendes Fleisch sich in einer heroischen Landschaft finden; auf Rembrandt im
„Ecce homo" und „Der Engel, den heiligen Josef besuchend". Letzteres Bild hat
so warme, ausgiebige Schatten- und Lichtrnassen, dabei auch eine Naivetät der
Auffassung, dass man unter den Jungen nicht bald so viel Gutes beisammen finden
wird. „Modem" freilich sind diese Dinge ganz und gar nicht, aber sie beweisen
eben dadurch, dass man die Talente nur austoben lassen muss, sie finden dann
schon, wie Stucks Beispiel zeigt, zu dem allezeit Guten zurück. - In einem zweiten
Saale fesselte eine Anzahl Pastelle und anderer Zeichnungen von Josef Engelhart
die Aufmerksamkeit. Sie sind meist schon bekannt, aber man sieht Bilder von der
coloristischen Frische der Sevillaner Scenen und der Unmittelbarkeit der Wiener
Ammentypen gern einmal wieder.
EIHNACI-ITSAUSSTELLUNG IM KÜNSTLERHAUSE.
Der Weihnachtsmonat brachte im Künstlerhause eine umfangreiche
Ausstellung, innerhalb deren mehrere Künstler einen Gesammtüberblick ihres
Schaffens darboten. Zunächst interessirte der Seemaler Carlos Grethe, Professor
in Karlsruhe, mit 29 Arbeiten, die beweisen, dass er sich innerhalb weniger Jahre
einen Platz neben H. v. Bartels enungen hat. Grethe ist hochmodem, sowohl
darin, dass er das Malerische der Menschen und Dinge vor allem in ihrem
Verhältnis zur Atmosphäre erblickt, als auch in der ganz persönlichen und auf
das Schaffen aus dem Stegreif vor der Natur eingeübten Technik. Am meisten
scheinen ihn Dämmerungszustände zu beschäftigen, und zwar solche, in denen
der mannigfaltige Qualm des nördlichen Hafenlebens mitspielt. In der Darstellung
von Rauch, Dampf, Dunst, Nebel, wie sie sich zu einem wechselvollen Brodem
vereinigen, geht ihm jetzt wohl kein Deutscher vor. Aber er ist nicht einseitig und
malt seine arbeitenden, kämpfenden Schiffe, die er überdies völlig „nautisch'
behandelt, auch im hellsten Sonnenlicht. Die Meisterschaft, mit der er in dem