ohne dass aber die braune Glasur übernommen worden wäre. Der
specifische Siegburger Stil der flachen Reliefbehandlung hat sich erst
in der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts ausgebildet.
4. Die Zuweisung von Krügen an Frechen ist, bis nicht durch Aus-
grabungen an Ort und Stelle ein anderes Bild geschaffen wird, auf die
Arbeiten aus dem Ende des XVI. Jahrhunderts und der Folgezeit ein-
zuschränken. Der grösste Theil dessen, was heute als Frechener Ware
gilt, ist Kölner Arbeit aus der Maximinenstrasse, der Komödienstrasse
und aus anderen kölnischen, noch nicht genau localisirten Werkstätten.
Wird durch den neuen Fund der glänzende Eindruck eines regen
künstlerischen Lebens in der rheinischen Steinzeugtöpferei des XVI.
Jahrhunderts noch erheblich verstärkt, so gibt dagegen der Stand der
heutigen Industrie ein umsoweniger erfreuliches Bild. Während Frank-
reich, ohne nennenswerte Traditionen auf diesem Gebiete zu besitzen,
aus moderner Empfindung heraus in dem farbig glasirten gres eine
glückliche Neuschöpfung gezeitigt hat, müht sich die Steinzeugindustrie
des Westerwaldes vergeblich ab, die alten Formen und Decorations-
weisen wieder zu verwerten. Hier hat in der That die gedankenlose
Rückkehr zu abgestorbenen Formen keinen Nutzen gestiftet; sie hat
sogar vielleicht lebensfähige Keime, die in der einfachen Flächen-
decoration des XVIII. und des frühen XIX. Jahrhunderts noch vor-
handen waren, erstickt. Der Westerwald birgt das beste Steinzeug-
material und einen geschulten Stamm von Arbeitern; möge auch
ein Künstler sich finden, der dem einst so glänzenden Zweige deutscher;
Keramik neues und modernes Leben einzuhauchen versteht.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN S0
VON LUDWIG HEVESI-WIEN äß
I.
STERREICHISCHER KALENDER 1898. Dieses originelle Werk
des Malers Heinrich Lefler und des Architekten Josef Urban ist als
Jubiläumskalender gedacht und besteht aus 25 prächtigen Farbendrucken des
grössten Quartformats. Das erste Blatt enthält die allgemeinen Kalenderdaten,
Astronomisches, die Landespatrone u. s. w. in symbolisch geschmückter Um-
rahmung. In der Mitte steht der Genius der Zeit in azurblauem Gewande; er hat
die Beischrift: „Tempora tempore tempera". Im Folgenden sind jedem Monate
zwei Blatt gewidmet. Das linke enthält das Kalendarium, das rechte eine grosse
Figurenscene. Diese bezieht sich auf einen patriotischen Festtag im Monat (z.B. auf
den 12. Februar, den Tag der ersten Aufführung des Kaiserliedes „Gott erhalte"),
oder auf ein kirchliches Fest, oder auf einen Landespauon, dessen Tag in den
Monat fällt. Die Umrahmungen sind reich ausgestattet mit Spruchtafeln, welche
Bauernregeln enthalten, mit figürlichen Motiven aus Wald und Feld, Haus und