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fullscreen: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, 2. Abtheilung: Niederösterreich

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zwischen allen den Gärten und Landhäusern, belebt von bunten Scharen die Waldluft 
genießender Sommergäste. Manerbach selbst ist ein gar alter Ort; hier bestand durste 
Karthause Niederösterreichs, die im Jahre 1313 vom Herzog Friedrich dem Schönen, Lohn 
Albrechts I., gestiftet wurde. 1782 wurde sie nach theilweise sehr bedrängenden, wechsel 
vollen Schicksalen aufgehoben. Die Gebäude dienen jetzt theils zum gutsherrlichen Wohn 
sitze, theils zu einem Versorgungshanse der Stadt Wien. Südlich von Lieghard-oknchen, 
in einer an Kuppen und tiefeingeschnittenen Thälern reichen Gegend liegt der alte Ort 
Rappoltenkirchen, im XIV. Jahrhundert Eigenthnm der Herzoge von Österreich. Als 
Herzog Rudolf IV. von dem Gedanken getragen war, Erbämter an seinem Hofe zu errichten, 
wurde das Schloß und Gut von Rappoltenkirchen zur Dotirnng des Erbjägermeisteramtes 
ansersehcn, für welches der Herzog Herrn Friedrich von Kreuzbach bestimmt hatte. 
In landschaftlicher Beziehung bietet das verhältnißmäßig recht breite Wienthal 
am meisten anziehende Punkte; Weidlingan und Purkersdorf sind sehr reizend gelegene 
Orte, und auch weiterhin an der Westbahnstrecke, wo der in den nördlichsten Theilen 
vorherrschende Hügellandtypus mit fast ausschließlichen Laubholzbeständen den ersten 
Anfängen des Mittelgebirgs - Charakters mit einzelnen Nadelholzwäldern den Platz 
einzuräumen beginnt, finden wir eine Fülle malerischer Landschaften. Preßbaum und 
Reckawinkl bilden Ausgangspunkte für lohnende Ausflüge und das an der Eisenbahn 
gelegene Neu-Lengbach sowohl wie Alt-Lengbach, letzteres inmitten der Wälder, sind 
nicht nur sehr schöne, sondern auch alte Ortschaften. 
Das Schloß in Alt-Lengbach liegt jahrhundertelang in Trümmern. Seit dem 
XVI. Jahrhundert wohnten die Besitzer in Neu-Lengbach, dessen Schloß, auf einer 
vier Thäler beherrschenden Höhe erbaut, zu den besterhaltenen aus jener Zeit gehört. 
Das Geschlecht, welches sich vom Orte nannte, gehört dem ältesten und vornehmsten 
österreichischen Ministerialadel an. Die Herren von Lengenbach lassen sich urkundlich von 
1120 bis gegen das Ende des XIV. Jahrhunderts verfolgen. In der unmittelbaren Nähe 
von Neu-Lengbach finden sich die Burgruinen von Alt-Lengbach, Unter-Thurn, Anzbach 
und Raipoltenbach. 
Wie schon erwähnt, ist der Typus der Gegenden südlich der Westbahn ein von 
dem nördlich derselben ziemlich verschiedener; das Wienthal bildet da die Grenze, bei 
jedem größeren Hauptthal im Wienerwalde kann man diese Erscheinung wahrnehmen; m 
diesem allmäligen, aus dem Niedergebirgscharakter in Form von Zonen zum Mittel- 
gebirgs- und endlich selbst zu den ersten Anklängen des Hochgebirgstypns emporsteigenden 
Übergangsgepräge liegt der Reiz dieses Gebietes. 
Eine der wenigst gekannten, sehr abwechslungsreichen Gegenden ist unstreitig 
der k. k. Thiergarten. In seinen Abfällen gegen das Wienthal zu treffen wir in den
	            		
11 hochstämmigen Buchenforsten denselben Typus an, den wir nördlich der Wien kennen lernten; auf seinen höheren Kuppen beginnen einzelne Tannen und steile Kuppen der Land schaft das Gepräge des südlichen Wienerwaldes zu geben, und in den östlichsten Theilen, im sogenannten Lainzer Revier, finden wir einen aus mehr oder weniger verkrüppelten Eichen bestehenden Forst, dessen Aussehen an keinen anderen Wald unseres Gebietes, sondern ganz und gar an manche Gegenden des Leithagebirges bei Bruck erinnert. Eine Fahrt durch den Thiergarten aus dem Wienthal beim Auhof herein gehört zu den schönsten Ausflügen. Zwischen den herrlichen Bäumen, uralten, eigens zur Zierde erhaltenen Eichen und hochstämmigen Buchen neben dem Thore dringen wir ein, dann geht es über die sogenannte Bischofswiese weiter, beim Johannser Kogl, einem durch riesige Eichen geschmückten Hügel, an dem reizenden Thalkessel des Hittgrabenstadels vorbei, auf steilem Berghange empor zum Jägerhause am Hirschgestemm, von da durch herrliche Buchenforste, dann über Wiesen hinab, über einen klaren Quellbach am sogenannten Schlossergassel, einem mit Eichen bewachsenen niederen Bergrücken vorbei über die große Dorotheerwiese, wieder durch Wald hinaus auf die größte aller der Thiergartenwiesen, die sogenannte Penzingerwiese, an deren Saume sich jetzt die in den letzten Jahren erbaute neue Villa der Kaiserin erhebt. Ein Teich und einzelne kolossale Bäume schmücken diese in der That imposant große Rasenfläche; durch einen ganz ebenen, eigentlich unschönen Eichenwald gelangen wir nun wieder zur Mauer und zum Lainzer Thor, das nur wenige Minuten vom Dorfe Speising entfernt liegt. Die eben geschilderte gut fahrbare Straße beschreibt einen weiten Bogen durch alle drei Reviere des Thiergartens und gewährt einen flüchtigen Überblick. Um aber diesen, wie ich glaube, in landschaftlicher Beziehung schönsten Wildpark Europas genauer kennen zu lernen, muß man zu Fuß die vielen Thäler und Schluchten, die kleinen Waldwiesen mit den traulich gelegenen Jägerhäusern, die steilen Hänge, die fast undurchdringlichen Junghölzer, die hohen Kuppen mit den uralten Wettertannen und die vielen, herrliche Fernsichten gewährenden Bergspitzen aufsuchen. Am östlichen Abhange des Thiergartens liegt ans einem runden Hügel die sogenannte Baderwiese, welche als der schönste Aussichtspunkt des Parkes gilt; der Über blick ist beiläufig derselbe wie der von der Spitze des Kahlenberges ans, nur liegt Wien weiter, hingegen erspäht man bei reinem Wetter am Hundsheimerberg vorbei das Schloß von Preßburg. Noch interessanter ist die Fernsicht, die sich vom Hornauskogl (514 Meter), dem höchsten Punkt des Thiergartens, aus entrollt. Über die vorgelagerten Kuppen und Hügel hinüber sieht man gegen Wien und in das Marchfeld, durch ein Thal hinaus gar weit in die südlichen Gegenden des Wiener Beckens und nach dem Leithagebirge; was aber den wahren Genuß dieses einzig schönen Platzes begründet, ist der Blick über alle die immer
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