ENGLISCHES SILBER AUS DEM XVIII.
JAHRHUNDERTSP VON VINCENZ GRAF
LATOUR Sl-
IE Freude der Engländer an Silbergeräth war
von jeher gross gewesen. Ein Schrift-
steller aus dem XVI. Jahrhundert erzählt
von dem Überfluss an Silbergeschirr in
den Häusern des Adels, von den wohl-
gefüllten Silberschränken der Ritter und
Herren, der Kaufleute und Bürger. Auch
beim Landpächter sei meistens Silber
zu finden gewesen, zum mindesten ein
Salzfass, ein Weinkrug und ein Dutzend
Löffel. Ein neuerer Schriftsteller sagt
vom Engländer: Er hängt sehr an seinem Silbergeräthe und wenn er
auch keine Galerie der Bildnisse seiner Vorfahren besitzt, so hat er
doch ihre Punch-Bowls und Porringers (Trinkschalen) erhalten. Auch
die Ärmsten haben irgend einen Löffel oder Napf, das Geschenk einer
Pathin, aus besseren Zeiten gerettet.
Aus den Zeiten der Tudors und der ersten Stuarts ist nicht
allzuviel an silbernem Hausrath erhalten geblieben. Noch das Meiste
findet sich in den Hallen der Innungen, den Colleges der Universitäten,
in einzelnen Schlössern - wie der Silberschatz auf Schloss Knole in
Kent - als Vermächtnis von Donatoren und Vorfahren. Trink- und
Speisegeschirr jener Zeit unterscheidet sich nicht erheblich von
den Goldschrniedearbeiten des Continentes. Doch tritt der insuläre
Charakter auch hier schon bisweilen
hervor. So sind die Standing-Cups
mit ihrem pyramidenförmigen Deckel-
abschluss, die monumentalen Salz-
fässer, die im Geschmack der Re-
naissance kunstvoll gefassten Trink-
gefässe aus deutschem Steinzeug,
orientalischem Glas oder Thon für die
Zeit der Königin Elisabeth undJakob I.
charakteristisch.
Die grosse Revolution hat unglaub-
liche Mengen des kostbarsten Edel-
geräthes zunichte gemacht. Die An-
Mug, verfenigt von T. Henning,
London x76B