MAK

Volltext: Monatszeitschrift I (1898 / Heft 11 und 12)

Auferstehung eine Art Rehabilitation. Die Wiener Landschaft, eine der glänzend- 
sten Künste des österreichischen Geistes, macht genau den nämlichen Weg, wie 
das farbige Genre; an den Vormärz anknüpfend, um die gewaltige Makartgruppe 
herum, sie mit Schindler stark streifend, um schliesslich mit Hörmann in die 
moderne Stimmung zu münden. Schindler's schubertische Naturlyrik ist hübsch 
ausgelegt, es sind ziemlich alle seine Töne angeschlagen, vom Waldfräulein bis 
Ragusa. Diese Kunst wird unzweifelhaft roch im Werte steigen, weil sie der 
Ausdruck einer fruchtbaren, durchaus malerischen Persönlichkeit ist. Er hat ja 
auch Hörmann, wie dessen Nachlass überraschend bekundete, auf den richtigen 
Weg gebracht. Aber Hörmann war eine naivere Natur. Der Barbar in ihm, der 
an seiner tragischen Halsstarrigkeit sogar physisch zugrunde ging, steht heute, 
wo man die Aufrichtigkeit als die höchste Künstlertugend schätzt, in hohem 
Wert. Schindler war mehr Dichter, Hörmann mehr Naturforscher. Das lag in 
ihrer Zeit. Wir können diese rasche Rundschau nicht besser beschliessen, als mit 
dem Hinweis auf ein Jugendbildnis der unvergesslichen Kaiserin Elisabeth, von 
Franz Schrotzberg (Eigenthum der Baronin Liebieg). Es ist ein Weihnachts- 
geschenk an den Grafen Radetzky aus dem Jahre 1854. Das Publicum wallfahrtet 
dazu, wie zu einer richtigen Reliquie, die es auch ist. 
DAS HAUS DER SECESSION. Am 12. November ist der originelle 
Neubau der Vereinigung bildender Künstler Österreichs, und mit ihm die 
Winterausstellung der Secession eröffnet worden. Das Gebäude hat vom ersten 
bis zum letzten Spatenstich das Tagesgespräch gebildet, und schon die Thatsache, 
dass es die Wiener Bevölkerung wieder einmal für eine Kunstfrage erwärmt hat, 
ist erfreulich. Auf das Verständnis breiterer Schichten darf es vorderhand ebenso 
wenig rechnen, als auf die vorurtheilslose Würdigung weiterer Fachkreise, denn 
diese Elemente sind ganz im Banne unserer conventionellen Kunst befangen. In 
Brüssel, wo ein Genie wie Viftor Horta für frei empfindende Bauherren frei 
empfundene l-Iäuser und obendrein die grosse „Maison du peuple" baut, würde es 
wärmsten Beifall finden. Auch in London natürlich, der Stadt der Voysey und 
Newton, und in Paris, wo Charles Garnier den Typus des modernen Theaterbaues 
einbürgerte (der Moderne Vaudremer ist soeben sein Nachfolger im hohen Rathe 
der Akademie geworden) und Paul Sedille im „Printemps" eine Form für das 
moderne Kaufhaus fand. In Wien steht man neuen architektonischen Lösungen 
noch so unerfahren gegenüber, dass man sie höchst misstrauisch entgegennimmt. 
Übrigenswird man sich daran gewöhnen, so gut wie an die seltsame Baugruppierung 
des Burgtheaters. Wenn der Frühling das Grün bringt, in das es hineingedacht 
ist, und wenn die jetzt gekiesten Plattformen des Daches in hängende Gärten 
verwandelt sind, die auch dievielkritisierten Glaspavillons maskierenwerden, dürfte 
sich das Urtheil völlig zu Gunsten des Hauses wenden. Der Architekt, j. M. Olbrich, 
hat darin den vollgilügen Beweis einer ursprünglichen Schaffenskraft und seltener 
Ehrlichkeit der künstlerischen Gesinnung erbracht. Auch die an der Decoration 
mitwirkenden Künstler (Joseph Hoffmann, Adolf Böhm, Kolo Moser, Gurschner 
u. A.) waren von demselben Geiste beseelt. Übrigens sei es nicht vergessen, dass 
der ganze Bau, der nicht über 60.000 Gulden gekostet hat, binnen sechs Monaten 
fertiggestellt wurde, obwohl 8 Meter Fundamenttiefe erforderlich waren; ein 
Beispiel von Thatkraft, wie es am ehesten noch bei Künstlern vorkommt, die, wie 
zu
	        
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