des Publicums gehoben hat. Verstummt sind die nörgelnden, höhnenden Stimmen
von einst. Im Gegentheil, jetzt wird Alles ohne Ausnahme bewundert, auch der
testende oder irrende Schritt des Suchenden. Die Bilder waren ja schon von der
ersten Nachlassausstellung im Künstlerhause (Herbst 1895) her bekannt, aber sie
erschienen jetzt in so neuem Lichte. Das Publicum hat Hörmann mittlerweile
eingeholt; die Schaffenden sind bekanntlich schon über ihn hinausgegangen. Sein
Kampf war noch, die Natur „richtig" (sein Lieblingswort!) zu geben; also zum
grossen Theil ein Kampf um die Technik, ja um den Muth zur Technik. Dies hat
er für die Heutigen erobert. Heute wagt man Alles und - dies ist fast das
Wichtigere - man darf Alles wagen. Nämlich, Alles was man kann, also dem
Beschauer einzureden versteht. Suggestionskraft vor allem wird heute vom Talent
verlangt. Starke Persönlichkeit also, Selbsteigenheit, die Naturkraft, sich durch-
zusetzen. Der Beschauer will eine höhere Macht fühlen, die ihn entmündigt. Dies
gibt ihm die kostbare Empfindung, dass ihn wieder einmal das Undefinirbare,
Elementare berührt hat. Unsere jetzige Kunst ist weitaus persönlicher, als die
Hörmannsche sein wollte. Diese war es ja auch, aber mehr wider Willen.
Hörmann hatte die feste Absicht, sich vollständig an die Natur hinzugeben, allein
er vermochte es nicht, denn seine Eigenheit war zu stark. Er war zu sehr Charakter.
Er war gleich ehrlich gegen die Natur und gegen sich selbst. Diese Ehrlichkeit
und Unbeugsarnkeit wird von ihm allezeit zu lernen sein. Bei der Versteigerung
kamen Bilder aus allen seinen Perioden unter den Hammer; besonders aus der
französischen der Achtziger-Jahre und der eigentlich selbständigen, die mit 1890
begann. Der wirkliche, ganze, freie Hörmann reicht nur von 1890 bis x8g5. In
dieser Kürze liegt eine ergreifende Tragödie. Das Ergebnis der Versteigerung
war sehr beträchtlich. Es wurden - in nicht mehr als 21], Stunden - über
38.000 Gulden erzielt. Die Zinsen dieser Summe sind durch die Witwe zur Unter-
stützung von künstlerischen Bestrebungen bestimmt, die den Hörmandschen
gleichen. Ob dies durch Ankäufe, Stipendien oder sonstwie zu geschehen habe,
ist der Secession anheimgestellt. Bei dieser Versteigerung stellte es sich übrigens
heraus, dass die Art, wie unsere öffentlichen Sammlungen sich bei solchen
Anlässen vertreten lassen, nicht die geeignete ist. Ihre Delegirten finden sich mit
zu strengen Begrenzungen ein und ziehen daher dem frei bietenden Publicum
gegenüber den Kürzeren. Weder die Stadt Wien, die ja naturgemäss den „Mehl-
markt" erwerben musste, noch die kaiserliche Galerie, die einen vollgiltigen
Hörmann nicht gut missen kann, war in der Lage, die gewollten Bilder zu erwerben.
Sie scheiterten Beide an ein paar hundert Gulden. Der „Mehlmarkt", den einst
der Künstler selbst der Stadt Wien vergebens für 600 Gulden (!) angeboten hatte,
ging für 2300 Gulden in den Besitz des Fabrikanten Redlich in Göding über. Die
Stadt hatte ihren Vertreter auf 2000 Gulden limitirt. Dabei ist zu bemerken, dass
ein Kunstfreund schon vorher 2 500 Gulden geboten hatte, jedoch von der Secession
bewogen worden war, sein Angebot zurückzuziehen, damit das Bild der Stadt
Wien zufalle. Die kaiserliche Galerie nahm mit dem weniger wichtigen Bilde:
„Bildstock in Mähren" vorlieb. Die akademische Galerie war glücklicher, sie
erstand das für den Künstler typische Bild: „Znaim im Winter" für 1660 Gulden.
Hoffentlich werden diese Erfahrungen zur Witzigung dienen. In solchen Fällen,
wo ein „Muss" obwaltet, müssen die Limiten elastischer sein, denn die Gelegen-
heiten kommen nicht so bald wieder. Solche verpasste Bilder müssen bei späteren
Versteigerungen um weit höhere Preise erstritten werden.