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Volltext: Monatszeitschrift VI (1903 / Heft 6 und 7)

Lehrer der Taubstummen ist sitzend dargestellt, zu 
ihm aufblickend ein kleines Mädchen, das er unter- 
richtet. Auf der Weltausstellung in Chicago rief das 
vornehme und ausdrucksvolle Relief: „Der Engel des 
Todes und der junge Bildhauer" (siehe Abbildung) 
allgemeine Bewunderung hervor. Der Engel, welcher 
im Begriffe steht, dem jungen Bildhauer, der eben 
eine Sphinx formen will, den Meissel aus der Hand 
zu nehmen, ist ein Werk von edler Komposition. 
Die Beschattung des Engelsantlitzes, wodurch dieses 
gleichsam in mystisches Dunkel gehüllt wird, kann 
zu den glücklichsten Eingebungen gerechnet werden. 
Andere bedeutsame Engel von Frenchs Künstlerhand 
sind die am Clarke-Monument (siehe Abbildung), der 
Engel des Lebens, das White-Monument u. s. w. 
Eines der I-Iauptwerke von French war auch seine 
Statue der Republik auf der Chicagoer Ausstellung. 
Mit dem Tierbildhauer Potter schuf er gemeinsam 
„Farmer und Pferd", „Indianer und Stier" u. s. w. für 
Chicago. Der Erfolg des Milmore-Denkmals (der 
Todesengel und der Bildhauer) brachte French die 
Bestellung zu einem anderen Werke, das sich zu einer Josefsibbel, Magma, 
seiner vollendetsten Schöpfungen gestaltete. Es ist 
das John Boyle O'Reilly-Denkmal, welches Erin 
inmitten der Poesie und des Patriotismus darstellt. Die beiden letzt- 
genannten Figuren reichen die Zweige für den Kranz, den Erin windet. 
Nichts Steifes oder Theatralisches haftet dieser Gruppe an, der Gedanke, 
der die Figuren verbindet, ist in der Komposition voll ausgedrückt. Alles 
ist Ruhe und Ehrerbietung, und dabei geht ein Zug tiefen Empiindens durch 
jede Linie. Wie bei allen Werken von French ist die Wirkung der Schatten- 
und Lichtrnassen auf das Sorgfältigste studiert, ohne je einen ausgeklügelten 
Eindruck hervorzubringen. Leider ist dieses Werk auf einem Friedhof in 
Boston plaziert, also den Augen der meisten entrückt. Mit Freude sieht 
man aber der Vollendung der „Alma Mater" entgegen, welche nahe 
unserem Riversidepark im schönsten Teile New-Yorks, wo man gerne 
lustwandelt, thronen wird. 
Obgleich mir keine Abbildungen seiner Werke zur Verfügung stehen, 
so darf ich doch Charles Gratiys aus Philadelphia wenigstens mitWorten zu 
gedenken nicht vergessen, denn er ist einer der bedeutendsten unserer Bild- 
hauer. Imjahre 1862 empfing er in seinerVaterstadtPhiladelphia unterThomas 
Eakins seine erste Kunstausbildung. Dann aber trat er die Reise nach Paris 
an und wurde ein eifriger Schüler Chapus. In der Pariser Ausstellung des 
]ahres 1890 lenkte er zuerst die allgemeine Aufmerksamkeit durch seine 
Idealbüsten Johannes" und „Daedalus" auf sich. Die letztere wurde 

	        
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