jetzt allgemein den Biedermeier-
stil nennen, und der sich bis gegen
die Mitte des Jahrhunderts erhält.
Ich sagte, er sei seinem Wesen
nach etwas eigenes, etwas an-
deres als die vorausgegangenen
Stile, und das können wir leicht
empfinden, wenn wir ein Interieur
dieser Zeit besichtigen, wobei
wir sofort erkennen, dass das
Prinzip der Raumgestaltung ein
vollständig anderes ist, als im
Empirestile. Nicht mehr die
Symmetrie ist in einem solchen
Raume das Wichtigste, sondern,
' um es allgemein zu sagen, die
Bewohnbarkeit, die Möglichkeit,
_ alle Einrichtungsgegenstände
Trumeau, Mahagoni, poliert, mit Bronzebeschlägen ihrem Zwecke entsprechend zu
gebrauchen, und rasch haben wir
ein Verhältnis zu all den Gegenständen gefunden, weil wir die Überzeugung
gewonnen haben, dass sie uns alle in unseren Unternehmungen unterstützen
wollen, dass sie nur darauf warten, uns zu dienen und uns das Leben
angenehm zu machen. Es ist dasselbe Prinzip, das wir im gotischen Wohn-
raume, bei den gotischen Gebrauchsgegenständen kennen gelernt haben, das,
wie oben erwähnt, darin besteht, dass das Möbel so konstruiert ist, wie es
sich von selbst ergibt, wenn man sich nur immer vor Augen hält, zu welcher
Funktion dieses Stück dienen soll.
Wie aber kommt es, so fragen wir uns, wenn wir diese Räume und
Möbel der Biedermeierzeit uns vor Augen halten, dass das so dezidierte und
hochentwickelte ästhetische Kunstprinzip der Symmetrie plötzlich verlassen
wird und man den gegenteiligen Grundsätzen einer praktischen Nutz-
einrichtung Folge leistet? Wie ist es möglich, dass, nachdem man in
Deutschland seit der Renaissancezeit, wenn auch im Anfange nicht so
energisch, aber immerhin durch Jahrhunderte dem Ziele einer von künst-
lerischen Motiven geleiteten, auf künstlerisch-ästhetischen Grundsätzen
basierten symmetrischen Nutzkunst zugestrebt hat, plötzlich das Ziel ein
ganz anderes wird?
Der Beantwortung dieser Frage können wir etwas näher kommen,
wenn wir die Entwicklung des Kunstgewerbes in England verfolgen und
sehen, welchen Weg die englische Kunst der Errichtung und Ausgestaltung
von Wohnräumen genommen hat. Wenn auch für unsere Frage die zweite
Hälfte des XVIII. Jahrhunderts die wichtigste Periode ist, so müssen wir
doch, wenn auch nur flüchtig, uns klarmachen, wo diese Art der Kunstübung