Nr. 23
Internationale Sammler-Zeitung.
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das bedeutendste Schriftstück angesehen wird, das aus Alten
steins Feder geflossen ist. Ein vermutlich noch ganz unbe
kannter und bisher ungedruckter Brief Heinrich v. Kleists
an Altenstein, worin er voller Verzweiflung bittet, ihn »von der
Verpflichtung für den Dienst des Staates wieder loszusprechen«,
wurde mit 590 Mark bezahlt; ein anderer ungedruckter Brief
Kleists an Altenstein, datiert Dresden, 1. Jänner 1809, in dem der
Dichter seiner Freude Ausdruck leiht, daß Altenstein an die
Spitze der preußischen Verwaltung berufen wurde, mit 570 Mark.
Außerdem erzielten der vermutlich ungedruckte Kleist-Brief
Nr. 218 465 und der unter Nr. 219 verzeichnete 545 Mark. Ein
Brief F i c h t e s an Altenstein (Nr. 44) brachte 145 Mark. An
die Sammlung Altenstein schloß sich der Nachlaß des Schrift
stellers und Shakespeare-Forschers, Professor Friedrich August
Leo, an. Den höchsten Preis unter den historischen Auto
graphen — nämlich 2450 Mark — erzielte der
eigenhändige Brief von Martin Luther mit dem Datum
»Domini Reminiscere 1527«, gerichtet an »dem Ge
strengen und festen Hans von Dolzert zu Torgau. meinem
günstigen Herrn und Freunde« (siehe das Faksimile in Nr. 22
der »Intern. Sammler-Zeitung«), Ein Brief des Fürsten
Bismarck, datiert; »Berlin, 11. November 1871«, an seinen
Vetter Gustav über Regelung von Familienpapieren und
Kapitalien, worin er — kurz nach seiner Ernennung zum ersten
deutschen Reichskanzler und seiner Erhebung in den Fürsten
stand — von der »großen amtlichen Qual« schreibt, die um so
schwerer für ihn sei, als er wegen der Gesundheit seiner
Johanna (seiner Gattin) in großer Sorge lebe, wurde mit 180
Mark bezahlt. Ein charakteristischer Brief Blüchers, aus
Strehlau vom 29. Juni 1813, an einen unter seinem Kommando
stehenden Obristen gerichtet, ging für 120 Mark, und ein Brief
des ersten Preußenkönigs, Friedrich I., an den Kurfürsten
Johann Wilhelm von der Pfalz für 100 Mark fort. Zwei
eigenhändige Briefe des Großen Kurfürsten an Otto von
Schwerin am 7. März 1672, aus Potsdam, und an einen
»Durchlauchtigsten Fürsten«, am 21. Oktober 1675, aus dem
Hauptquartier zu Dirschau gerichtet, brachten 400, beziehungs
weise 370 Mark. Eine Sammlung von 27 Briefen oder Namens
unterschriften der brandenburgischen Kurfürsten, preußischen
Königen und deutschen Kaisern von Joachim II. bis
Wilhelm II. und ihren Gemahlinnen, erzielte 180 Mark,
während eine andere ähnliche Sammlung von Handschriften aller
römisch-deutschen Kaiser von Friedrich III. bis Franz II.
für 100 Mark zu erwerben war. Bemerkenswerte Preise erzielten
weiters: Nr. 201 ein Brief. S c h i 11 s Mk. 180, Nr. 219 Billett
Wallensteins an einen »F.eldmarschalken« Mk. 165,
Nr. 220 Brief Washingtons Mk. 1200, Nr. 298 Brief von
Minna Herzlieb an ihren Pflegebruder Fritz Fromann
Mk. 180, Nr. 313 Gedichtchen von Grillparzer Mk. 140,
Nr. 326 Unveröffentlichter Brief an eine junge Schauspielerin
Mk. 250, Nr. 331 Hein e, Gedicht mit Unterschrift, datiert
Hamburg, 5. September 1844 Mk. 225, Nr. 359 Heinr. von
Kleist, Albuniblatt, 6 Zeilen Mk. 325, Nr. 366 Körner,
Brief an seinen Vater über Kleists Tod Mk. 185, Nr. 379
Lichtenberg, Ungedrucktes Manuskript Mk. 225, Nr. 399
R ü c k e r t, Manuskript von »Erbauliches und Beschauliches
aus dem Morgenlande« Mk. 250, Nr. 463 Skaspearean
Mk. 200. Von den Musikautographen wurden besonders für
Beethoven hohe Preise gezahlt. Nr. 576, das Manuskript
von »Quartetto II.« kam auf Mk. 1900, Nr. 577 Musikal. Skizzen
blatt auf Mk. 380, Nr. 578 Skizzenblatt (zirka 1815) auf Mk. 750,
Nr. 579 Musikmanuskript mit 7 Zeilen handschriftlicher Be
merkungen auf Mk. 525, Nr. 580 Musikal. Skizzenblatt, 2 S.,
auf Mk. 180, Nr. 582 Brief an Karl Amenda auf Mk. 250,
Nr. 583 Brief an Amenda auf Mk. 300, Nr. 584 Fragmente an
Nanette Streicher auf Mk. 180, Nr. 585 Brief an Schlesinger in
Paris auf Mk. 300 und Nr. 586 Brief an seinen Neffen Karl von
Beethoven auf Mk. 150, Nr. 601 Brahms Niederschrift der
Nr. 2 und 3 seines Opus 119 erzielte Mk. 875, Nr. 615 ein
Autograph von Chopin Mk. 190, Nr, 629 Etats des sommes
payees Mk. 150, Nr. 667 Jos. Haydn, 3 Zeilen Mk. 215,
Nr 790 Schumann, »Etüden in Form freyer Variationen über
ein Beethovensehes Thema« Mk. 755, Nr. 791 Schumann,
Wiegenlied (F. Hebbel) Mk. 320, Nr. 792 Schnman n, Nacht-
hed von Hebbel Mk. 750, Nr. 793 Schumann, »Frühlingsgruß«
und »3 Husarenlieder« Mk. 730, Nr. 801 S p o h r, Entwurf zu
einem Klarinettenkonzert Mk. 150, Nr. 817 Tartini, Manu
skript, enthaltend Aenderungen für die Pariser Aufführung des
»Tannhäuser« Mk. 845, Nr. 840 Wagner, Brief an Heinrich
Schietter Mk. 130, Nr. 844 Wagner, Ungedruckter Brief an
Ferdinand Schwcikhardt Mk. 150 und Nr. 850 Wagner, Brief,
datiert Bayreuth,- 15. April 1876 Mk. 195.
Bibliophilie.
(Die E n t w i c k I u n g der Buchdrucketkunst
in 11 a 1 i e n.) Dieses Thema behandelte, wie uns aus
Florenz geschrieben wird, in einer einstündigen Rede
Comtn. Olschki, der Herausgeber der Bibliofilia, am 12. v. M.
vor einem großen Publikum von Bibliophilen, Universitäts
professoren und Bibliothekaren in dem mächtigen Saale seiner
Privatibibliothek. Cornrn. Olschki wies nach, daß Gutenbergs
Kunst bald nach ihrer Erfindung in Italien die Stätte fand, wo
sie zur höchsten Vollendung gelangte. Neben dem von Fust
und Schöffler im Jahre 1459 in Mainz gedruckten Durandus,
irr einem wundervollen, auf Pergament gedruckten Exemplare,
legte er den von Sweynheym und Pannartz im Kloster von
Subjaco itn Jahre 1465 gedruckten L a c t a n z, das erste in
Italien mit sicherem Datum • erschienene Buch, vor, um die Ver
schiedenheit der Typen nachzuweisen. Während die ersten
deutschen Drucke durchwegs gotisch sind, ist das erste
italienische Buch mit Typen gedruckt, die sich an die humani
stische Schrift anlehnen. Als Beweis dafür legte der Vor
tragende dem Lactanz einen in Rom irn Jahre 1450 ge
schriebenen Pergamentkodex zur Seite, dessen Lettern den ersten
Druckern Italiens als Modell gedient haben müssen. Fast
überall in Italien haben Deutsche die Druckerkunst eingeführt,
die sich indessen unter dem Einflüsse der Renaissance eigene
Bahn brach. Den formvollendeten Druck mit griechischen Typen
verdankt man Italien, und besonders dem Venetianer Aldus
M a n u t i u s, der überhaupt als einer der bedeutendsten
Drucker aller Zeiten angesehen werden muß. Die ausgelegten
editiones principes von Homer (Florenz 1488), von Aristoteles,
Äristopbanes, Thukydides (Ven., Aldus. 1495. 1497, 1498) führten
den Nachweis für die Richtigkeit seiner Behauptung. Der orien
talische Druck hat seine Wiege in Italien. Während in Eßlingen
im Jahre 1475 nur ein Versuch gemacht wurde, hebräische
Lettern iti Holz zu schneiden, ist in Reggio Calabria im selben
Jahre bereits ein ganzes Werk mit beweglichen hebräischen
Metalltypen erschienen. Die Familie Soncino hat besonders
Großartiges darin geleistet. Schließlich kam Olschki noch auf
Ottavianö P e t r u c c i aus Fossombrone zu sprechen, der
iri Venedig fm Jahre 1498 den Notendruck erfand.
Bilder.
(Rembrandts »L u c r e t i a«.) Seit dem Tode Picrpont
Morgans und Altmanns scheint ein Rückschlag oder wenigstens
ein Stillstand in der bisherigen amerikanischen Gewohnheit ein
getreten zu sein, auf die schönsten und teuersten Meisterwerke
der Alten Welt für amerikanische Sammlungen Beschlag zu legen,
denn sonst ließe sich die Tatsache kaum erklären, daß eines der
schönsten Bilder Rembrandts, das bisher amerikanisches
Eigentum war, jetzt wieder in den Besitz Hollands zurückkehrt.
Das Werk ist die sich den Dolch in die Brust stoßende
Lu'cretia; es stammt aus dem Jahre 1664, also aus Rem
brandts letzten Lebensjahren, gehörte zuletzt zur Sammlung
von M. C. D. Borden in Newyork, und ist in dem Katalog
dieser Sammlung von Dr. W. Valent iner 1911 beschrieben