MAK

Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 3)

VERGLEICHENDE KUNSTAUSSTELLUNG 
AMERIKANISCHER UND AUSLANDISCHER 
GEMALDE IN NEW-YORK Sie VON KLARA 
RUGE Sie 
IE New-Yorker Kunstsaison ist diesmal im Novem- 
ber mit einer höchst eigenartigen Kunstaus- 
Stellung eröffnet worden. Weder hier noch 
überhaupt irgendwo wurde, so viel mir bekannt 
ist, bisher Ähnliches arrangiert. 
Diese Ausstellung hatte den bestimmten 
Zweck, dem Publikum den Beweis zu liefern, 
daß die amerikanische Kunst neben der besten 
des Auslandes als gleichwertig bestehen könne. 
Ob dieser Beweis durch die Ausstellung voll 
geliefert worden ist, möchte ich bezweifeln, 
denn naturgemäß wurde nur ein kleiner Teil, sowohl der ausländischen als 
der inländischen Kunst gezeigt. 
Die Ausstellung umfaßte bloß x92 Gemälde und dieselben gehörten zum 
großen Teile derselben Richtung an, was ihr allerdings einen harmonischen 
Charakter verlieh. Da aber deshalb ungemein viele und bedeutende Gebiete 
der ausländischen Kunst unberührt blieben, so ist es ein zu weitgehendes 
Urteil, aus dieser Ausstellung die Gleichwertigkeit amerikanischer und aus- 
ländischer Kunst folgern zu wollen. Es kann nur die Rede davon sein, die 
hier vertretenen Meister und deren Gemälde zu vergleichen und zu urteilen, 
ob darunter die amerikanischen als den europäischen gleichwertig befunden 
werden können. 
Meiner Ansicht nach ist der ganze Titel der Ausstellung unrichtig gefaßt. 
Die vorhandenen amerikanischen Gemälde sind unter europäischem EinHuß 
entstanden und werden vor allem mit denjenigen Gemälden verglichen, 
deren Meister die Lehrer der Amerikaner waren. Deshalb ist auch der 
Beweis höchst hinfällig, welcher durch übertriebene Verteidiger ameri- 
kanischer Kunst hier laut wurde: Unter den Ausländern sind von den 
34 vertretenen Künstlern nur 10 am Leben, während unter den 38 Ameri- 
kanern, deren Bilder ausgestellt wurden, nur n zu den Toten gehören. 
Ergo sei die lebende amerikanische Kunst stärker als die lebende des Aus- 
landes. Dieser Trugschluß, der hier sogar in der Presse laut ward, bedarf 
eigentlich kaum der Wiederlegung. Richtig ist das Umgekehrte: An ver- 
storbenen Meistern ist natürlich das Ausland viel, viel reicher, datieren doch 
die Anfänge unserer Kunst überhaupt erst 100 Jahre zurück. Aber die 
Stärke unserer jetzigen Generation beruht zum großen Teile auf einer ver- 
gangenen Periode europäischen Kunstschaffens. Dem Vergleich mit deren 
Werken und denen ihrer amerikanischen Gefolgeschaft ist diese Ausstellung 
vor allem gewidmet und daher finden wir mehr Gemälde verstorbener 
 
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