DERWIENER ELFENBEINBILDHAUER ADAM
LENCKHARDT 50 VON EDMUND WILHELM
NGEFÄHR gleichzeitig erschienen vor einiger
Zeit zwei Werke, die uns mit einem bisher unbe-
kannten Wiener Elfenbeinbildhauer der Barock-
zeit bekannt machten, von dem sich auch ein
signiertes Werk längere Zeit früher in Wien
befand. Viktor Fleischer berichtet im I. Band der
Veröffentlichungen der Gesellschaft für neuere
Geschichte Österreichs (Fürst Karl Eusebius von
Liechtenstein als Bauherr und Kunstsammler,
1611-1684), Wien, 1910, Seite 22516, von elf
Elfenbeinschnitzereien eines Lenckhardt, die ein altes Inventar des Liechten-
stein-Archivs als im fürstlichen Besitz befindlich aufzählt. 1. „Eine grosse
Kandel von l-Ielffenbein, auf welcher Bachus unndt andere Götter, der Fuess,
Deckel unndt I-Iandthab von Sielber geschmeltzt, vergolt, unndt stehet auf
dem Deckel ein Cupido von Helffenbein". z, „ltem ein Kandel geschniten von
Helffenbein, auf welcher Neptunus mit vielen Kündeln, der Fues, Deckel undt
Handthab von Sielber vergoldt, mit untterschiedtlichen, gefarbten Stainen
versetzt undt geschrneltzt, undt sitzet auf dem Deckel eine Venus, so den
Delphin dass Maull aufreisset." 3. „Ein große Cruceiix von I-Ielffenbein, an
einen Creutz". 4. „Item ein anderes Crucetix von I-Ielffenbein". 5. „Ein anderes
großes Stuck von Helffenbein representiret die Abnehmung Christi mit
8 Figuren". 6. „Ein heiliger Sebastian von Helffenbein, angebunden an einen
metallenen Baumb, stehet auf einen schwartzen Postamente". 7. „Neptun, wie
er Venerem entführen wollen sambt zweien Kündeln", 8. „Judicium Paridis,
fünf Figuren". g. „Dalida durch einen Ritter lieberirt undt von dem Trachen
errettet". 10. „Ein großes Stuck von Helffenbein, auf welchen Neptunus,
haltent den Delphin beim Schweiß, daß Postament geschniten, auf welchen
4 Kündeln, sitzend auf den Delphin". n. „Ein großes Stück representiret
Orpheus . . . . . sambt noch andern zweien Figuren, alles ein Stuck." Bei
jeder dieser Beschreibung ist die Bemerkung „von Lenkhart" beigefügt.
Von allen diesen Elfenbeinarbeiten des Lenckhardt ist heute nur noch der
Sebastian in Liechtensteinschem Besitz nachweisbar, das Parisurteil war, wie
weiter unten mitgeteilt wird, noch vor nicht allzulanger Zeit in einer großen
Wiener Sammlung.
An der Hand dieser Mitteilungen Fleischers aus dem Liechtenstein-
Archiv suchte ich nach Möglichkeit weitere Nachrichten über den Künstler
zu eruieren, die sich zum Glück in Haideckis Wiener Urkundenauszügen
zur österreichischen Kunstgeschichte fanden (Quellen zur Geschichte der
Stadt Wien, Band VI, 1908).