von fast ethnographischer Sim-
plizität, etwa wie naive Völker
sich Sinnbilder und Gleichnisse
machen. Und Hodler taucht
diese Gesichte in ein sehr hel-
les, kühles Licht, Weil] und
Blau liebt er, die Firnenfarben,
und die dünne messerscharfe
Luft der krystallenen Höhen
scheint durch diese Darstel-
lungen zu wehen.
Mehr begrifflich als gestal-
tend scheinen diese Werke,
mehr parabolische Tafeln als
Gemälde, mehr kosmische
Programm-Musik als reines
Bildwerk. Man könnte sie sich
als den hieratischen Schmuck
einer Kultusstätte, eines Natur-
und Menschheitstempels den-
ken. Von Mann und Weib
handeln diese Bilder meist.
Primitive Urform haben diese
Menschen, als hätten sie sich eben erst aus der Schöpfung gelöst. Sie drängen und ringen
zur Eigenwerdung und die Geschlechter mustern sich neugierig und halb unbewußt, wie
fremde Kinder, die auf einer Wiese sich zum Spiel zusammenfinden. Tag und Nacht wird
in hellfarbigem und düsterem Abglanz gespiegelt und der Gesichtspunkt dieses Schauens
ist immer, die Geschöpfe unter dem gewaltigen überragenden Schatten ihrer Gottheiten
zu zeigen.
Nach solcher Primitivität mit philosophischem Hintergrund das Luxusraflinement
Gustav Klimts.
Er hat einen eigenen Saal mit weißen Wänden von schwarzgoldenem quadratischen
Ornament umzogen. Wie zwei Schmuckpfeiler begrenzen den Eingang die beiden Vitrinen
mit Bibelots der Wiener Werkstätte, mit Silbergerät, gehämmert und inkrustiert, mit
emailliertem Schmuck, mit seidengeschnürten Pergamentbänden. Klimts Bilder stimmen
gut zu diesen Objets d'art. Denn sie sind auch durchaus dekorativer Natur. Sie geben nicht,
wenn sie auch manchmal philosophische Etiketten tragen, Weltanschauungs-Offenbarungen;
auch für die Weisheitsemblematik öffentlicher Bildungsstätten scheint diese Kunst wenig
geeignet. Sie gibt vielmehr Visionen eines aufs höchste gesteigerten Geschmacksraffi-
nements, koloristische Instrumentationen voll verwegener Reize, Kulturmischungen voll
wollüstiger Kaprizen. Byzantinisches, die Welt Moreaus und Aubray Beardsleys wird
hier neu beschworen, eine fast grausame Juwelenphantasie schwelgt hier in unerhörten
Verbindungen. Deutlich wahrnehmbar sind auch die Verwandtschaften mit der schottischen
Schule der Mackintosh, mit deren zu steilen hieratischen Ornamenten erstarrten Menschen-
leibern.
Wie aus „Paradies artiiiciels" sind die Figuren der Klimtschen Frauen.
In den Gesichtern ist noch ein Schein des Lebens, die Gestalt aber verHüchtet sich
in ein kapriziös künstliches Ornament, in ein Zierat, das oft fabelhaften Geschmacksreiz
hat. Die Koloristik fesselt dabei besonders. Man Endet manchmal den dumpfen schweren
Glanz des Emails von Limoges, dann ein milchiges Grau wallender Wassernebel, blau-
grünlila Abtönungen voll chiffonzarten Bauches. Kostüm- und Schmuckträume eines ästhe-
tischen Monomanen. Auch jene Bilder, die nicht Frauen darstellen, sind durchaus deko-
Maschinstickereien