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DIE HOLZMÖBEL DER SAMMLUNG FIGDOR
WIEN (I) Sie VON H. STEGMANN-NURNBERG
EIT den ältesten Zeiten ist es ein Lebensbedürfnis
hoher feiner Kultur, Kunstwerke zu sammeln.
Sich mit Kunstwerken seiner eigenen Zeit zu
umgeben, entspricht dem geistigen, dem ästheti-
schen Sehnen unserer Seele - wenigstens beim
Sammler im guten Sinne. Kunstwerke ver-
gangener Zeiten zu sammeln, dazu gehört mehr,
nicht nur Geschmack und wahre Bildung, die
auch dem Inhaber einer bescheidenen Geldbörse
bezüglich der modernen Kunst ein gewisses
Ausleben gestatten. Große Mittel, gründliche
historische Bildung, doppelt und dreifach Geschmack und das Wichtigste -
der angeborene Scharfblick, die Findigkeit des wahren oder kurz des
geborenen Sammlers vermögen erst auf diesem Gebiet Leistungen hervor-
zubringen, die mit den öffentlichen, fachwissenschaftlich (oft nur zu sehr!)
betriebenen Sammlungen konkurrieren oder gar sie übertreffen können.
In vergangenen Jahrhunderten war das Sammeln von Werken der
freien und angewandten Kunst ein Privileg nicht der oberen Zehntausend,
sondern kaum der oberen Hundert. Hier kamen Tradition und die oft gesetz-
liche Festlegung einmal erworbenen Familienbesitzes den Sammlerinstinkten
der einzelnen Generationen in unvergleichlicher Weise entgegen, so daß der
Mangel der einen oder der anderen oben genannten Eigenschaft aus-
geglichen wurde. Was seit Jahrhunderten, seit der Renaissance bis zum
XIX. Jahrhundert in dieser Weise gesammelt wurde und gesammelt blieb,
ist mit verschwindender Ausnahme im vorigen Jahrhundert rechtlich oder
nur tatsächlich durch die allgemeine Zugänglichmachung öffentlicher Besitz
geworden. Gleichzeitig mit diesem Werdegang und im Zusammenhang mit
dem stark zunehmenden Reichtum weiterer Kreise teilt sich das Sammler-
wesen im XIX. Jahrhundert in zwei nebeneinander liegende, sich oft wieder
berührende Bahnen, das öffentliche, im wesentlichen didaktische der Museen
und das mehr bürgerliche, zugleich individuellen Neigungen den größten
Spielraum lassende der Privatsammler. Die Vertiefung und die damit
wachsende Verbreitung des historischen Sinnes im XIX. Jahrhundert war
eine weitere Vorbedingung.
Die Zahl der nach ihrem Umfang und ihrem inneren Wert bedeut-
samen Sammlungen, die im XIX. Jahrhundert entstanden sind, ist
eine sehr beträchtliche, die Zahl derjenigen, die bloß für eine Persön-
lichkeit, die ihres Besitzers, von Wert geworden sind, ist Legion. Die
Bestände der Auktionskataloge in größeren Museumsbibliotheken wissen
davon ein Lied zu singen. Das Kennzeichen der Privatsammlungen ist ihre
Vergänglichkeit. Ihr meist hoher Wert befördert wieder ihr Auseinander-
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