Wasser hat er anderwärts noch eingehender studiert, das Schäumen geht ihm technisch
über die Kraft. Im stillen Königssee studiert er einmal die Spiegelungen ganz hervorragend,
während ebenda die Felsen wieder ganz schematisch kulissenhaft erscheinen. Vereinzelt
steht unter seinen Arbeiten ein Bild: „Place de Palud", offenbar ein Platz aus einer breto-
nischen Stadt, wo er doch nie gewesen. Das baulich und malerisch schwer zu bewältigende
Motiv geht weit über seine Kräfte, ist aber tatsächlich sehr respektabel durchgeführt. Man
n-iuß das Bild für eine Kopie halten. Jedenfalls war es der Mühe wert, den sensitiven
Naturempfinder Stifter auch einmal als Maler ans Licht zu stellen. Er war unbekannter-
weise weit geringer geschätzt, als er es verdient.
ÜNSTLERHAUS. Die XXXI. Jahresausstellung der Künstlergenossenschaft, die
am 16. März von Sr. Majestät eröffnet wurde, füllt das ganze Haus und bietet neben
dem bekannten Durchschnittsstolf auch manches Erfreuliche. Eine Strömung ist nicht
ersichtlich, es fehlen derzeit im engeren Kreise die mächtigen Persönlichkeiten und der
Wellenschlag des Ozeans beunruhigt diesen Hafen nicht wesentlich. Ansehnlich ist jeden-
falls das Porträt. An der Spitze steht Leopold Horovitz mit dem Kaiserbild, zu dem ihm
der Monarch vor drei Jahren neunmal gesessen. Das Original erhielt Fürst Bülow, jetzt
sieht man die Studie, die aber seither auch aufs feinste durchgebildet worden. Die ernste,
harmonische Porträtkunst des Meisters bewährt sich wieder einmal. Vorzüglich ist ferner
sein Bildnis des Herrn Paul v. Schoeller, aufrecht an einem Tische, auch die Hände
meisterhaft, und ein mit mehr Apparat gegebenes Bild seiner jüngsten Tochter, an einem
mit polnischem Goldteppich bedeckten Tische, über einem Folianten, das Antlitz ein Ideal-
Oval voll elementarer Klarheit. Laszlö hat zwei Damenbildnisse beigesteuert. Das seiner
Mutter, ein kleines Quadrat in Schwarz, läßt das bejahrte Antlitz in feinster Behandlung
hell hervortreten; das der schönen Gräfin Jean de Castellane, in dunkelroter Toilette,
dekolletiert, ist von elegantem Schwung. Viel Anklang findet J. Quincey Adams mit seinem
lebensgroßen Bilde des Frl. Hofteufel. Vor dem Spiegel (Empire), in ihrer gelben Toilette
aus O. Wildes „Idealem Gatten". Das Spiegelbild wiederholt das Urbild als optische Variante.
Das ganze Arrangement erinnert an J. E. Blanche (von dem die Ausstellung auch zwei sehr
gute Originale enthält, ein Brustbild besonders fesch und arabeskenhaft pikant). Von Adams
ist auch die Sängerin Drill-Orridge gemalt, in schwarzer Toilette mit blendendem Aus-
schnitt, sehr präsentierend, in den Schwärzen vielleicht etwas angestrengt. Noch andere
bekannte Porträtnamen bewähren sich. Scharff (Dame in Sealskinjacke), W. V. Krauß (Dame
in vorzüglich behandelter Changeantseide), Schilf (sehr gutes Herrenbildnis), Joannovits
(Baron Gautsch, Frau Niese, dieses etwas bunt), Schattenstein (dämmeriges Ensemble, dies-
mal schwärzlich, denn der Künstler sucht sich noch immer, in jedem Bilde anderswo),
dann Pochwalski, Uhl, Julius Schmid, Rauchinger, Veith, Wilda, Kresün, Gsur, Zewy,
Ondrüsek. Mitunter freilich ist die Toilette besser gemalt als die Person; die will nun
einmal so oder so aussehen. Unter den Jungen sind einige, die sich nicht von großen land-
schaftlich-genrehaften Unternehmungen abschrecken lassen und hoffentlich Preise davon-
tragen werden. Da ist Jehudo Epsteins „Begräbnis in den Lagunen", klar und kühl, mit
vielen scharfstudierten lebensgroßen Figuren; eigentlich etwas hart und unvenezianisch,
aber voll besonnener Arbeit. Dann als Gegensatz Schattensteins großes römisches
„Pickniclw, mit einem Dutzend lebensgroßer Figuren in allerlei populären Toilettenfarben,
möglichst unscharf gesehen und gegeben, auf harmonische Luftstimmung. Dann Jung-
wirths „Primavera", eine weißblühende Frühlingsstimmung mit einer Volksmadonna;
hübsch gedacht, aber malerisch noch nicht reif. Tomec („Nach der Messe") geht ein
zweites Mal in den Stephansdom, diesmal mehr wegen des Publikums, und bringt viel
Leben heraus. Auf dem Stephansplatz findet dagegen Larwin jene bekannten Blumenweiber,
deren weitläufige Erscheinungen er mit Humor in hellen Tagesfarben behandelt. Ludwig
Koch erweckt in einem Dreibild die Soldatentypen der Prinz Eugenius-Zeit, Ajdukiewicz
in einem anderen die St. Wolfgang-Legende, die ihm aber nicht frisch genug ausfällt.