DIE GMUNDENER BAUERNFAYENCEN 50 VON
von „Kunst und Gewerbe" eine kurze Abhandlung.
Sie hatte weniger den Zweck, Ausführliches über
das Werden und die Erzeugnisse der Industrie
mitzuteilen als vielmehr das allgemeine Interesse
auf die Schöpfungen dieses heimatlichen Hand-
Werks zu lenken. So beschränkte sich der Ver-
fasser auf die Geschichte der drei bedeutendsten
Werkstätten in Gmunden vom Jahre 1799 an und
auf die Wiedergabe einzelner Geschirre in Abbildung. Die heutige Kunst-
literatur steht nun auf dem Standpunkt, die Geschichte des Kunstgewerbes,
mag sich auch dasselbe in einzelnen Techniken, im Ausdruck seiner Formen
und in den angewandten Mitteln bei der Erzeugung mehr dem Handwerk
nähern, möglichst erschöpfend zu behandeln. Dieser Standpunkt begründet
die nachstehenden Ausführungen. Wir haben ihnen noch vorauszuschicken,
daß sie sich auf die Gmundener I-Iafnerordnung, deren Abschrift wir dem
um die Geschichte der Stadt hochverdienten Dr. Ferdinand Krackowizer
verdanken, stützen, weiters auf das vorn Schreiber seit Jahren gesammelte
Material und schließlich auf mündliche Mitteilungen der Tonwarenfabri-
kanten Leopold und Franz Schleiß. Die Originalordnung des Gmundener
Handwerks sowie wichtige Akten der Hafnerlade sind auf unerklärliche
Weise im Vorjahr in Verlust geraten. Dieser unerfreuliche Umstand mag
die Verarbeitung des vorhandenen Materials und die Veröffentlichung einer
möglichst vollständigen Geschichte des Handwerks in zweiter Linie be-
gründen.
I. ANFÄNGE DER INDUSTRIE.
Die Entstehung der Gmundener Bauernmajoliken oder Bauemfayencen
_ beide Bezeichnungen sind in gewisser Hinsicht richtig - ist auf Versuche,
italienische Fayencekunst nachzuahmen, zurückzuführen. Wir haben hier
keineswegs, wie K. Sitte behauptet, tschechoslawischen Einiiuß anzunehmen.
Wohl hat die Gmundener Industrie mit jener in Mähren und Ungarn das
gemeinsam, daß sich ganze Kolonien mit der Erzeugung beschäftigten und
die Ware nicht wie bei den oberdeutschen Fayencen fabriksmäßig herge-
stellt wurde. Dort wurde bereits 1661 in I-Ianau eine Fabrik gegründet und
es folgte ihr 1666 jene in Frankfurt. Es entstanden weitere in der unteren
Maingegend, in Flörsheim, Offenbach, Kelsterbach. Immer weiter fort-
schreitend, dehnte sich die deutsche Fayenceindustrie auf Ansbach, Kassel
und Fulda aus. Es folgte Nürnberg im Jahre 1712. Alle diese Industrien mit
ihrer hohen Blüte fußen auf dem außerordentlichen Erfolg der Delfter
54