MITTEILUNGEN AUS DEM K. K. ÖSTER-
REICHISCHEN MUSEUM 5t-
ARTHUR VON SCALA "l
Unmittelbar vor Schluß der Redaktion dieses Heftes von „Kunst und
Kunsthandwerk" empfangen wir die Nachricht vom Tode Arthur von Scalas.
Vor wenigen Wochen noch gab er Nachricht von sich und seinem Befinden
aus Lana, wohin er sich nach seiner Pensionierung zurückgezogen hatte; über
seinen Gesundheitszustand, der schon lange erschüttert war, klagte er ein-
dringlich, aber er sprach doch zugleich den Gedanken aus, nach England
reisen zu wollen, dessen Kultur, Leben und Anschauungen seit den Tagen
seiner Jugend ganz von ihm Besitz ergriffen hatten. Englische Wohnungskunst
mit ihrer Behaglichkeit, Solidität und Übereinstimmung mit Landessitte und
bodenständiger Kraft und Gesinnung war ihm wohl vertraut und in ihrer
Verpiianzung auf unseren Boden und in ihrer Nachahmung erblickte er die
Rettung unseres Kunstgewerbes aus Schultradition und Rückständigkeit. Ohne
Kampf und ohne I-Iinwegsetzung über die Anschauungen, welche durch lange
Zeit bei den Versuchen zum Wiederaufbau des heimischen Kunstgewerbes
herrschend waren, konnte es nicht abgehen, als Scala 1897 auf den Posten
berufen wurde, den vor ihm Eitelberger, Falke und Bucher eingenommen
hatten, welchen Laufberger, Teirich, Storck als einliußreiche künstlerische
Mitarbeiter zur Seite gestanden waren. Er brachte viel Eigenartiges und
Notwendiges mit, was ihn zu seiner Mission besonders befähigte: völlig
verschiedene Geistesrichtung, ausgeprägten persönlichen Geschmack, starke
Kampflust und Unberührtheit von Doktrinarismus jeder Art. Er war kein
Kunstgelehrter und Schulüberlieferung hatte keine Gewalt über ihn, er fühlte
sich nicht gebunden an die Studierstube, er war ein Weltkind und besaß
den Mut, sich zuzutrauen, die Dinge von andrer Seite anzugreifen, als es
bis dahin geschehen war. Seit langem ein kränkelnder Mann und nun ein
stiller Mann, war er vor zwölfjahren, als Fünfziger, einer der jugendlichsten
unter viel Jüngeren, voll überschäumendem Temperament und Tatenlust.
So hat er, getragen von dem Wunsche Vieler nach neuen Wegen und Zielen,
gestützt und gefördert von mächtigen Kunstfreunden, denen eine andere
Ordnung der Dinge längst am Herzen lag, sich sofort, als er an die Spitze des
Museums trat, eine führende Stelle erobert in der Kunstrevolution, die wir in
Österreich zum Teil später, zum Teil radikaler als in andern Ländern seit dem
Ausgang des verflossenen Jahrhunderts auf allen Gebieten des Schaffens
durchgemacht haben. Die Eindämmung der entfachten Bewegung machte ihm
freilich bald nicht weniger Sorge und Kummer als ihre ursprüngliche Betrei-
bung; der konservative Fortschritt der englischen Kultur, der sich im steten
Anschluß an das geschichtlich Gewordene, organisch Herausgebildete voll-
zogen hat, trat ihm immer wieder als nachahmenswertes Beispiel vor die
Seele. Und er mußte es sich gefallen lassen, als Rückschrittler bekämpft zu
werden, als er schließlich wieder zu den historischen Grundsätzen jener