Diesen einmal gegebenen Formen
bleibt auch das ganze Mittelalter treu. Als
lehrreiches Beispiel hiefür möchte ich
die an den Erztaufen Norddeutschlands
dargestellten Trägerfiguren mit ihren
henkellosen Wasserkrügen nennen. An
der im Jahre 1290 gegossenen Bronze-
taufe in der Marienkirche zu Rostock
gießen die Männer das Wasser aus
schlauchartigen Gefäßen ohne Stand-
Häche (Abb. 17). Bei der Hildesheimer
Taufe, welche in der Zeit 1200 bis 1230
aus einer lokalen Gießhütte hervorge-
gangen ist, haben die Gefäße schon die
ausgesprochene Gestalt von standfähigen
Vasen mit Ausschmückung der Lippe,
des Gefäßhalses und Einschnürung des
Rumpfes im zweiten Drittel seiner Höhe
_ _ _ behufs Anbringung eines tiefer liegenden,
Abb. 29. Der heilige Benedikt und der Mönch . . .. .
Romanus, Stich des Meisters von Mondsee von zwel Elerstaben begleiteten Orna"
(Wien, Kaiserliche Kupferstichsamrnlung) mentierten Bandes (Abb, 18 bis 21).
Ganz die gleiche Form mit der eckigen
Ausladung des Gefäßbauches ist für die La-Tene-Periode nachgewiesen,
während sie der römischen Keramik der Kaiserzeit völlig unbekannt
geblieben ist. Ein schlankes, Haschenförmiges Gefäß, 26 Zentimeter hoch,
unverziert, jedoch mit Spuren gelber Glasur, vermutlich dem XIV. Jahr-
hundert angehörend, hat Graf Wilczek in Klagenfurt erworben (Abb. 23).
An die Museen wird nun die Aufgabe herantreten, der mittelalterlichen
Gefäßtöpferei eine höhere Beachtung zu schenken und ihre unter dem Titel
prähistorischer oder antiker Keramik eingereihten Bestände in dieser Hinsicht
zu prüfen und zu sichten.
Auch die Urne zählt zu den ältesten, vom Mittelalter beibehaltenen
Gefäßformen. Betrachten wir einen schwebenden Wassertropfen, so stellt er
ungefähr eine im oberen Teil abgeflachte Kugel dar. Das Bestreben des
Wassertropfens, Kugelgestalt anzunehmen, mag für die Wahl der ältesten
Gefäßform, der Urne, bestimmend gewesen sein. Sie hat dort, wo man die
Gefäße im Sande ruhen ließ - wie im Orient -, die Kugelgestalt lange
beibehalten; sonst aber eine Standfiäche oder einen Fuß erhalten.
Für eine kleine Urne im mährischen Landesmuseum, ausgegraben zu
Blansko im Jahre 1904, läßt sich die Entstehungszeit durch den Inhalt, einen
Münzenfund, annähernd bestimmen (Abb. 24). Es fanden sich in dieser Urne
Denare der Olmützer Vormundschaft, der Periode 1087 bis Iogo, in welcher
Euphenia von Ungarn für die vier Kinder nach ihrem verstorbenen Gatten,
dem Piemysliden Otto dem Schönen, die Vormundschaft führte. Das Gefäß ist