Manethaft empfunden, aber mit Qualität ist die Dame mit weißem Schal von William
Chase, in der Harmonie graugelben Hintergrunds mit schwarzer Kleidüäche und dem
silbrigen Schmelz des langfransigen, weich spielenden Schals darüber. Dagegen schillert
das Porträt, das john Alexander von seiner Frau gibt, in grünrosa Kleid auf einer
steinernen Gartenbalustrade schwebend, stark in die geschminkte Theateroptik. Eine Art
dekoratives Menschen-Stilleben, so wirkt Mrne. I-lanako, die japanische Schauspielerin von
Ben-Ali Haggin. Die zierliche Figurine steht in einem lila-anemonen farbenen Gewand,
das sich mit seiner Schleppe wie ein Teppich breitet, seitlich im Raum eines großquadra-
tischen Bildes. Eine ganze Kollektion Whistler hat die Ausstellung aufzuweisen: Aquarelle
aus Ajaccio, japanische Mädchen auf flachem Verandadach, dunkelblaue Venedig-Notturno,
Eindrücke von Wellenbewegungen, epigrammatisch aufgezeichnet.
Viel mehr Bedeutung als diese etwas nebensächlichen Arbeiten haben die Radie-
rungen Whistlers, venezianische Filigrane, Spitzenwerk mit der Nadel hingehaucht, von
Licht und Luft aufgelöste Architekturen in Tremolo-Linien.
Diesen feinen Blättern sind nachbarlich gesellt die wuchtigen Schwarzkünste Joseph
Pennells. Er liebt die dröhnenden Hammerwerke, die Riesenphantasien aus Eisen und Stahl,
ragende Schornsteine und gigantische Brückengespinste. Er gestaltet das technische Leben
Amerikas, den Arbeitsrhythmus, das gewaltige Epos der Maschine. Er ist in seiner
Graphik dem stählernen Gegenwarts- und Zukunftsdichter johannes V. jensen wesensnah,
und er erscheint in dieser europäischen Rezeption amerikanischer Kunst als der
Amerikanischste.
Ein Vorspiel zur Brüsseler Weltausstellung gab die Berliner Porzellanmanufaktur.
Ehe sie ihre zerbrechlichen Schätze, mit denen sie in Belgien auf der großen Völkermesse
konkurrieren will, einpackte, bot sie sie den Kennern und Gönnern zur Schau. Berlin wird
diesmal besser bestehen als vor zehn jahren in Paris. Das ist das Verdienst des neuen
Direktors, Professors Schmuz-Baudiss.
Eine vielseitige Fülle stellt sich dar. Von den alten, stolzen Schätzen sieht man das
berühmte Service aus dem Breslauer Stadtschloß und die Statuette der Kaiserin Katharina,
das Mittelstück des grandiosen Huldigungstriumphes, den Friedrich der Große der
russischen Herrscherin als Tafelaufsatz schenkte. Von den neuen Arbeiten interessieren
besonders die Stücke in Unterglasurmalerei und in Scharffeuerbrand; die Palette, die Farben-
möglichkeit der Berliner Manufaktur ist hierbei reichhaltiger als die der dänischen.
Eine große Rolle spielt die Plastik, die sich mit Glück auch am Porträt versucht.
Sehr wirkungsvoll kommen die Frauenstatuetten heraus. Ebenso lebendig wie das
XVXII. Jahrhundert seine bauschigen, segelhaft geschwellten Krinolinen, blühend von Streu-
mustern, im Porzellan bildete, ebenso modelliert die Gegenwart die Pfauenschleppe des
langwehenden Kleides, den großen flachen Muff im langgestreckten Arm und die breite
Rampe des weitschattenden I-Iutes. Dies keramische Material erweist sich mit seinen
weichen, welligen Formen, mit seiner spiegelnden, für Licht und Schatten besonders
empfänglichen Oberfläche außerordentlich dankbar für die Wiedergabe fließender Frauen-
stoffe. Das zeigt sich in dem Abbild der jungen Dame im lilagestreiften, weißen, krisseligen
Sommerkleid auf weißer Gartenbank besonders reizvoll.
Neben dieser veristischen Plastik gibt es auch eine romantische, sie trägt die Zeit-
signatur der Tanzperiode, der Elektra- und Salome-Dichtung. I-Iüftgewänder Hattern um
solche Bachantin, blau, vom Goldadernetz übersponnen, mit grün umrandeten, gelb-
Hammigen Palmetten gemustert. Auch hier begegnet eine Porträtskulptur, Ruth St. Denis,
die Buddhapriesterin.
Frappant sind die Tiermodellierungen, die mit den keramischen Menagerien der
Dänen wetteifern können. Bunte Beute aus dem Zoo, nach der Natur eingefangen, reckt