bürgerlichen Hausindustrie, und
auf dem Gebiet der praktischen
Erfindungen ist manche später
groß gewordene Industrie aus
dem „Concours Lepine" hervor-
gegangen. Die Abteilung für
Spielwaren, Puppen und neue
Spiele aller Art bietet am mei-
sten Abwechslung und ist, vom
kunstgewerblichen Standpunkt
ausbetrachtet,ziemlichlehrreich.
Diesmal haben sich auch be-
kannte Künstler, wie zum Bei-
spiel Gaston Sixnonin mit seinen
köstlichen Szenen aus geschnitz-
ten I-Iolziiguren, beteiligt. Manche
grauenvolle Geschmacksverir-
rungen haben den Charakter
jener Kuriositäten, deren Ent-
stehung und Zweck für ein ge-
sundes Gehirn unbegreiflich blei-
ben. Zum Beispiel eine Serie von
„Kunstgegenständen" (um nicht
zu sagen überflüssige Staub-
fänger) aus Tausenden von
gebrauchten Streichhölzern zu-
sammengesetzt. Oder ein großes
Bild, welches wie eine Sepia-
arbeit aussieht und aus lauter
Haaren und Haarabfallen ge-
macht ist, welche mittels eines
Klebstoffes auf der Leinwand befestigt sind. Es gibt noch viele solche Beweise von
verschrobenem Fleiß und verkehrtem Kunstsinn, daneben aber auch recht gute Arbeiten
von erfreulicher Naivetät, welche die Bezeichnung Volkskunst verdienen.
Der rege Zuspruch, dessen sich der „Concours Lepine" erfreut, ist wohl auch darauf
zurückzuführen, daB diese Veranstaltung von einer philanthropischen Idee für die Pariser
Heimarbeiter ausging und der Gründer (Polizeipräfekt Lepine) eine äußerst populäre
Persönlichkeit ist.
Im Musee Galliera befindet sich gegenwärtig eine Ausstellung moderner Stickereien:
„Exposition de la Broderie".
Man kann sagen, daß die Handarbeit auf diesem Gebiet, trotz der kunstvollsten
Imitationen mit der Maschine, immer mehr geschätzt wird. Besonders in Frankreich ist
der Geschmack und die Vorliebe für feine Stickereien und kostbare Spitzen in stetem
Zunehmen. In der genannten Stickereiausstellung finden wir einige der maßgebendsten
Künstler für die moderne französische Richtung. Eine große, mit Seide auf gemaltem Grund
gestickte Portiere ist vom Meister Lalique entworfen und stellt ein Walddickicht dar, in
dem die Figur eines fliegenden Engels in den Baumkronen verschwimmt.
Madame Ory Robin ist sehr stark vertreten, wir sehen hier fast alle Arbeiten wieder,
welche schon bei verschiedenen andern Anlässen ausgestellt wurden. Ihre Kunst ist so
eigenartig, dal] jedes einmal gesehene Stück leicht in der Erinnerung haftet.
Nicht weniger künstlerisch, obwohl in ganz anderer Art, sind die Landschaften und
ländlichen Szenen, ganz in Wolle mit langen Stichen gearbeitet, von Fernande Maillaud.
Abb. zo. Fenster vom Palast der Babenhergerin Margaretbe, Gemahlin
Ottokars von Böhmen, in Krems