Llihr
Abb. u. Grade, Dom: Pala, 1372 (Photogr. Alinari)
Wenden wir schließlich einen Blick auf die venezianische Goldschmiede-
kunst der Zeit, etwa auf das Kruzifix aus dem Domschatze in Padua (Ende
des XIII. Jahrhunderts) oder auf die Buchdeckel des Domschatzes in Treviso
(Anfang des XIV. Jahrhundertsß so werden meiner Ansicht nach keine
weiteren Bemerkungen notwendig sein, um zu beweisen, daß die Angabe von
Corner, die allgemein bis jetzt kritiklos aufgenommen wurde, falsch ist, daß
die Pala von San Salvatore unmöglich im Jahre 1290 entstanden sein kann.
Somit wäre der erste Teil unserer Untersuchung erledigt. Nun handelt
es sich aber um die Fragen, wann das Altarwerk entstanden ist. Auch in
diesem Falle sind wir gänzlich auf die stilistische Analyse angewiesen. Da
es uns aber für die venezianische Skulptur des XIV. Jahrhunderts beinahe
gänzlich an Vorarbeiten fehlt, so sehe ich mich verpflichtet, in aller Kürze
einen Grundriß ihrer Entwicklung zu skizzieren.
Wie für die lombardischen Comacini es die Toskaner, in erster Linie
Giovanni di Balduccio da Pisa gewesen sind, die in ihrer bereits erschlafften
Kunsttätigkeit die neuen Errungenschaften der Pisani-Schule übermittelt
haben, so vollzieht sich in Venedig und im Veneto etwas Ähnliches, nur
dadurch unterschieden, daß hier der Einliuß nicht direkt von einer starken
Persönlichkeit wie Balduccio ausging, sondern viel allgemeiner und viel lang-
samer in den einheimischen Kunstformen eindrang, um, sobald aufgenommen,
in eigener Art verwertet zu werden. Die Annahme Venturis, die Werke des
Giovanni Pisano in Padua seien es gewesen, die die venezianische Skulptur
" Siehe Abbildung bei P. Molmenxi, Storia di Venezia nella Vixa private. Bergamo 1905, Bd. I, S. 315.