EN Betrachtungen über den Maria Theresien- und
Joselinischen Stil, welche in den Vorjahren an
dieser Stelle veröffentlicht worden sind, möge
hiermit ein aphoristischer Versuch derDarstellung
jener Epoche der österreichischen Kulturgeschichte
folgen, welche den Namen des Kaisers Franz trägt.
Führt die Zeit Maria Theresias die österreichische
Kunst aus der Barocke in das Rokoko, in ein von
Frankreich zunächst unabhängiges, spezifisch
österreichisches, das wir daher mit Recht als Maria
Theresien-Stil bezeichnen dürfen, und tritt fast
genau auf das Jahr des Eintrittes Kaiser Josefs in die Regierung (1765) der
klassizistische Stil der Aufklärungsepoche auf allen Gebieten der Kunst in
Österreich in einer die akademische Geistesrichtung Josefs deutlich wider-
spiegelnden Weise auf, wie zum Beispiel das Josephinum in der Währinger-
straße illustriert, so zeigt die 43 jährige Regierung Kaiser Franz' I. auch ihrer-
seits ein durchaus bodenständiges Gepräge heimatlicher Kunstentwicklung.
In Architektur, Plastik, Malerei,
Kleinkunst reift die antikisierende
Richtung zunächst voll aus, ver-
liert aber allmählich immer mehr
ihre strenge theoretische Einseitig-
keit, wird österreichisch und so
schlicht bürgerlich, wie der Kaiser
selbst war und seine Zeit und seine
Völker haben wollte.
Die österreichische Kunst und
Kultur der ersten Hälfte des XIX.
Jahrhunderts ist von der Geschicht-
schreibung höchst stiefmütterlich
behandelt. Daß man außerhalb un-
seres Reiches so wenig von uns
weiß, darf uns nicht wundern, da es,
wie schon I-Iormayr vor 90 Jahren
in seinen Denkwürdigkeiten beklagt
hat, so viele Fremdlinge im eigenen
Lande gibt, welche die Geschichte
und die Großtaten der Gegenwart
und Vergangenheit ihres Volkes
nicht kennen. Wenn vor kurzem
Tempel der Eintracht im Parke zu Laxenburg, von L. von
Montojer, 1795