Das gewerbliche Unterrichtswefen.
29
zu Gebote flehender Vergleiche mit den Tendenzen gleichartiger ausländischer
Anflalten öfter in ein relatives—je nachdem milderes oder härteres — verwandelt,
Ein Mangel, welchen die gewerbliche Unterrichts Verwaltung Oeflerreichs
mit der der meiden anderen Länder theilt, und welcher darum in der Natur der
Sache zu fuchen fein dürfte, befleht darin, dafs die ob erde Leitung diefes
pädagogifchen Zweiges nicht in einer Hand vereinigt id. Dafs
eine folche Zerfplitterung in der höchden Centralverwaltung in den verfchie-
denden Staaten zu Tage tritt, läfst auf überall mehr oder minder gleichartig wir
kende Urfachen fchliefsen. Und in der That erfcheint es einerfeits naturgemäfs,
dafs die oberde Centraldelle für die Unterrichtsadminidration auch die an die
Volksfchule anknüpfenden, das Lehrperfonale der Volksfchulen wie der Mittel-
fchulen benützenden, vielfach mit anderen Unterrichtsindituten verbundenen und
pädagogifcher Einficht mindedens in gleichem Mafse wie andere Schulen bedür
fenden gewerblichen Lehrandalten verwalte und überwache, anderfeits aber läfst
fich nicht verkennen, dafs die höchde Centraldelle für Handel und Gewerbe in
viel genauerer, fortlaufender Kenntnifs der vielfach wechfelnden und manchmal
mit dem Tage entdehenden Bedürfniffe der fpeciellenLandesindudrien deht, dafs
de mit den am gewerblichen Unterrichte zunächd intereffirten Claffen einen gere
gelten Verkehr pßegt und überhaupt innerhalb einer von wirthfchaftlichen Ideen
erfüllten Atmofphäre fich bewegt, welche die Lebensluft des Schulmannes
nicht id.
In Oederreich wurde in neueder Zeit ein Ausweg aus den Unzukömmlich
keiten einer Doppelverwaltung gedieht. Man verdel auf die Einfetzung einer
dändigen C ommiffi on für Gewerbefchu 1-Angelegenh eiten, welche
aus Vertretern und Vertrauensmännern des Handels- und des Unterrichtsmini-
deriums gebildet und mit dem Rechte ausgedattet wurde, fich von Fall zu Fall
in unbefchränkter Weife durch Beiziehung von Sachverdändigen zu verdärken.
Bei allen Anläffen, wo es fich nicht um Mafsnahmen rein adminidrativer Art
handelt, wird feit dem Frühjahre 1872 das Gutachten diefer Commiffion von den
Miniderien eingeholt und dadurch ein organifches Zufammenwirken der beiden
oberden Stellen ermöglicht. Bezüglich der Abgrenzung der Competenzen gelten
feit der Einfetzung der genannten Commiffion folgende Gefichtspunkte :
Schulen von ausgefprochen fachlichem Charakter, welche fich an eine
bedehende Fabriks- oder Hausindudfie anlehnen und Lehrgegendände allgemein
gewerblicher Natur nicht, oder nur in befchränktem Umfange in das Gebiet
ihres Unterrichtes einbeziehen, fowie insbefondere Schulen für Weberei, unter-
dehen der oberden Leitung des Handelsminideriums.
Dagegen find dem Reffort des Unterrichtsminideriums zugewiefen : Schulen
welche in ihren Unterricht Lehrgegendände allgemein bildender Natur (z. B.
Mathematik, Mechanik, allgemeine Chemie) in einem gröfseren Umfange auf
nehmen ; ferner Schulen, welche wie die gewerblichen Fortbildungsfchulen 1 im
Gegenfatze zu den gewerblichen Fachcurfen) oder die mit den Volksfchulen ver
bundenen Fortbildungscurfe theilweife die Bedimmung haben, die Lücken der
Volksfchulbildung zu ergänzen; endlich Lehrandalten, welche als eigentliche
gewerbliche Mittelfchulen anzufehen find, z. B. Baugewerke-Schulen, Werkmeider
Schulen (mittlere Schulen für die Mafchinenindudrie) insbefondere dann, wenn
fie (wie beifpielsweife die Bau- und Mafchinen-Gewerbefchule in Wien, die Aka
demie für Handel und Indudrie in Graz) in mehrere Fachabtheilungen geglie
dert find.
Da gegenwärtig das gewerbliche Unterrichtswefen Oederreichs in rafcheder
Entwicklung, man darf fad fagen, von Woche zu Woche erweiterte Gedalt annimmt,
fällt es fchwer, hier eine ähnliche Dardellung zu geben, wie fie von dem confoli-
dirteren Zudande Deutfchlands entworfen werden konnte. Statidifche Daten
wären morgen veraltet. Denn während vom Unterrichtsminiderium in dem gegen
wärtig laufenden Schuljahre drei neue mittlere Gewerbefchulen in Brünn, Bielitz
