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Volltext: Monatszeitschrift XVIII (1915 / Heft 5)

Auch die Mäntel spielen faltenreich und weit. Und auch sie schließen nicht mit geradlinigem 
Rand ab, sondern runden sich hinterrücks kurvig oder nehmen das Gespitzt-Zungige des 
Wimpels oder des Drachens auf der Rückenbahn an. Dies Gezipfelte, Dreikantige bestimmt 
auch den Überwurf eines Doppelkleides und belebt es bewegungsvoll. 
Materialmischungen bewähren sich: Seidenrock mit breitem Wollerand, schwarz- 
weiß karrierter Taftrock und schwarze Ripsjacke, aus deren langschlitzigen Ärmeln 
getollter Flor quillt. Und immer als Aufhellung die vielseitigen übergeschlagenen, auf- 
gestellten, umgeklappten, hochstehenden, zartgeknickten schmucken Battistkragen. 
Mit Recht überwog das Gebrauchshaft-Tägliche, doch auch Festliches und das 
„Gewand der Träume" fehlte nicht ganz. Und voll Bedeutung ist's, daß man dafür die 
Künstler zur Hilfe rief. Otto Haas-l-Ieye entfaltete gleich einem Magier ein nilgrünes 
Hauskleid mit schwarzem in weißer Palmettenmusterung gebatikten Schleierschal, eine 
Kleopatra-Vision. Und Emil Lettre, der sinnierliche Meister, legte steigernd seinen Edel- 
schmuck der Mode - nicht zu Füßen sondern an den Hals. Er illuminierte Taubengrau 
durch grünes Smaragdfeuer, schwarze Seide durch Bergkristall und blumigen Voile durch 
das Meerleuchten des Aquamarins. F. P. 
ALON ALFRED-MARIE. Der Maler Alfred Haas-Heye aus Bremen, der in dem 
gleichen ästhetischen und lebenskultivierten Klima wurzelt wie der verstorbene 
A. W. von Heymel und sein Freund Rudolf Alexander Schröder, benutzte die Zeit, in 
der wir von fremden Modeeinfiüssen frei in einer für uns ganz ungewohnten „splendid 
isolation" uns belinden, um unter obiger Spitzmarke einen Modesalon von eigenen 
Geschmackes Gnaden zu eröffnen. 
Er komponierte einige Kleider, die seine Absichten, seine Geschmacks- und Stilhal- 
tung dokumentieren konnten, und richtete für sein Unternehmen ein Gehäus ein, das glück- 
lich künstlerisches und gesellschaftliches Gepräge vereint. Es befindet sich in der Wilhelm- 
straße 69, an den Linden, gegenüber der englischen Botschaft. Ein kleiner Kreis war zum 
Schauen geladen. 
Ein zierlicher Saal, von hellen Faltenvorhängen umschlossen, öffnete sich. Eine 
Rampe aus gelben Tulpen grenzte für die Gäste ein schmales Proszenium ab, wo sie auf 
einem riesigen niedrigen Diwan von weißen, in gefiederhaftem Schmelz schimmernden 
Samt saßen. 
Merkwürdig entrückt, wie hinter einer Glasscheibe, lag jenseits des gelben Blumen- 
ufers der Schauraum. In ihm führten nun „Mannequins" die Kostüme vor. Sie wirkten 
gelungen und das Fruchtbare an ihnen schien, daß hier zwar der feine Farben- und Form- 
sinn des Malers bestimmend waltet, daß aber für den Gesamteindruck nie das Atelierhafte, 
Phantastisch-Exzentrische, Dekorativ-Dämonische überwiegt. Vornehmer Takt beherrscht 
die Führung. I-Iaas-I-Ieye arbeitet für die „Dame", für die Frau der guten Gesellschaft. Und 
seinen rafüniertesten Schöpfungen haftet immer noch der Hauch von Unnahbarkeit und 
Unauffälligkeit an. 
Einige liüchtig unvollkommene Nachskizzierungen zur Illustration. 
Ein Straßenkleid, schwarz, mit dem in Falten gelegten Rock, der nach unten weit 
ausfällt, aber doch schlank wirkt. Die Plissierung wiederholt sich an der langen, mit weißer 
Seide aus- und aufgeschlagenen Reverskante der Schoßjacke. Die Besonderkeit kommt aus 
den von der Hüfte an der „Hosennah "-Stelle heruntergleitenden breiten Moireebändern, 
die beim Gehen ein spielendes Bewegungsmotiv ergeben. 
Stahlblauer Taffet umwickelt in reizvollen Spiralen durch eine Schärpe betont mit 
leise rötlichen Streifen die Figur. Über einen tief grün schillernden Seidenrock fällt ein 
schwarzer Schleiersturz, und darüber sitzt eine Jacke aus stumpfem Rips mit gekrauster 
kurzer Taille. _ _ 
Ein schwarzes Schleierkleid empfängt durch grauweiße Batikgarnierung eine Nuance 
von huschenden Wolkenbändern. 
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