Gotische Truhenfrom mit vergoldetem Sluckdekor, Ende des XIV. jahrhunderxs (Leipzig, Kunstgewerbemuseum)
Während anderwärts der Truhenschmuck über das rein Omamentale
nicht hinausgekommen ist, ergab sich im italienischen Quattrocento für den
wohlhabenden und gebildeten Besteller aus dem delikaten Zwecke der Truhe
mit "Notwendigkeit das Bedürfnis, nicht nur äußerlich durch Familienwappen
und -devisen, sondern auch durch sinnvolle, an moralisch deutbaren Bezie-
hungen reiche figürliche Darstellungen, Reliefs oder Gemälde dem Geschenk
einen persönlichen Charakter und eine besondere ethische Bedeutung für
die neue Ehe zu geben.
In der Ausschmückung der Truhe geht man in Italien vom plastischen,
flach eingeschnittenen oder intarsierten, ornamentalen oder figürlichen
Zierat aus und kehrt nach wenig mehr als einem Jahrhundert (Anfang XV.
bis Anfang XVI. Jahrhundert), in dem die Verzierung durch Gemälde bei
weitem überwiegt, im Laufe des XVI. Jahrhunderts wieder zur rein plastischen
Ausgestaltung der Formen und Flächen der Truhe zurück. Ein auch kunst-
historisch charakteristischer und lehrreicher Kreislauf.
Truhen mit Bildern und Truhenbilder werden mit gleicher Berechtigung
in Kunstgewerbemuseen wie in Gemäldegalerien aufbewahrt. Sie sind ein
Bindeglied zwischen diesen beiden Interessesphären und für beide gleich
wichtig. Kunstgewerbliche Werke sind die Truhenbilder in erster Linie schon
deshalb, weil sie zunächst nicht die Absicht verfolgen, Kunstformen selb-
Truhe im Flachuhnitt. mit Brandmalerei (Paris, Musäe Cluny}