hiedurch bedingten engeren Bindung an eine bestimmte
Formengebung noch persönliche Gestaltungs- und
Entwicklungsmöglichkeiten verbleiben. Wovor man
sich aber meiner Meinung nach hüten muß, ist, daß
man aus gelehrtem Anteil oder romantischer Neigung,
die für den Städter charakteristisch ist, das Geltungs-
gebiet jener Formen räumlich und zeitlich dahin
ausdehne, wo ihnen kein wirkliches, echtes Leben
mehr innewohnen kann, und daß man Äußerlichkeiten
für die Sache nehme. Auch in unserer Liebe zur
alten Heimatkunst ist ihr innerster Grund der, daß
sie Kunst ist, nicht etwa Antiquitätenliebhaberei. So
wenig wir eine gequälte und grundlose Vermeidung
jeder Überlieferung in der Formengebung für schöp-
ferische Kraft halten, ebensowenig gilt uns ein un-
künstlerisches Werk, wenn es sich nur mit einigen
überkommenen, bodenständigen Formen bekleidet,
etwa für eine Betätigung des I-Ieimatschutzes.
Sicher zeigt sich aber in der gesunden Hoch-
Schätzung und Verwertung der Volkskunst in der
Denkmalgestaltung der gleiche Zug nach Einfachheit,
der uns auch dort so stark begegnet, wo keine innere
und äußere Bindung an überlieferte Formen nötig
ist. Auch da aber finden wir diese häufig weitgehend
angewendet. '
Die naheliegende Erinnerung an die große Zeit
vor hundert Jahren, an die Befreiungskriege des deut-
schen Volkes, hat die Kriegerdenkmale der klassizi-
stischen Zeit, der auch sonst die künstlerische Anteil-
nahme der Gegenwart sich zuwandte, stark in den
Vordergrund gestellt. Ihre edle, einfache Verwendung
weniger räumlicher Grundformen (wie Dreieck, Recht-
eck, Kreis, Pyramide, Prisma, Kugel) begegnete dem
künstlerischen Gegenwaitsstreben nach sachlicher
Einfachheit, und so finden wir in unserer Friedhof-
kunst wie Denkmalkunst eine weitgehende Aufnahme
klassizistischer Formen bis in Einzelheiten stilistischer
Ausbildung und dekorativen Beiwerkes antiker Waffen
und Trophäen, wie sie namentlich die Entwürfe der
Sonderausstellung der Wiesbadener Gesellschaft für
Grabmalkunst zeigen. Ich glaube, daß dieser Weg
wohl vom pomphaften Ungeschmack wegführt, daß
er aber nicht weiterführen kann zu einem vollen
Alle
Figur des heiligen
Michael, ergänzt von Pro-
fessor Franz Barwig, in Ver-
bindung rnit einer Gedenk-
- tafel als Kriegerdenkmal für
die Kirche in Edlitz, Nieder-
österreich, bestimmt
künstlerischen Ausdrucke unseres Gegenwartsemplindens. Den erzielen wir