geleiten sollen, haben über die geselligen Beziehungen jener Tage einen
Zauber verbreitet, für den der Scharfblick der modernen „Vernunft"
keinen Ersatz zu bieten hat. Haben die Menschen recht, die die Rosen-
lauben fliehen, weil der Herbst sie entblättern wird, oder die, welche mit
Zärtlichkeit jede Blume pflücken, die an ihrem Wege blüht, und deren
Phantasie auch in den ödesten Gegenden ein Blümchen aufsprießen läßt,
das sie mit genügsamer Freude begrüßen? Der Bereicherung des seelischen
Erlebens entspricht aber stets eine Verfeinerung des Geschmacks, die die
Künste befruchtet und die auch auf dem hier besprochenen kleinen Gebiet
der empfindsamen Tasse uns entgegentritt.
KÜNSTLERHAUS, FRÜHJAI-IRSAUSSTELLUNG. Wenn man die viel-
fältigen Äußerungen künstlerischer Begabung kennen lernt, welche die Jugendkurse
heute zutage fördern, welche im frühen Kindesalter so ursprünglich sprießen, so kann
man es kaum fassen, warum noch immer so viel Mittelmaß den Kunstmarkt beherrscht
und das Kunstbedürfnis so weiter Kreise zu befriedigen vermag.
Der Weg zur künstlerischen Reife ist heute länger und schwerer wie einst, die
Gefahr, den Weg zu verlieren, stärker und häufiger wie jemals.
Diejenigen, welche in dem Hafen der Beliebtheit und gesellschaftlichen Anerkennung
angelangt sind, haben wohl in der Mehrzahl jenen unbekümmerten Wagemut abgestreift,
der die Frische und Lebendigkeit ursprünglicher Begabungen ausmacht, und den gemäßigten
Schritt, das berechnete Reden
und Handeln gelernt, das zur
allgemeinen Anerkennung nun
einmal nötig zu sein scheint.
Höflich, mit dem Hut in der
Hand, muß der Künstler sein
verehrliches Publikum einladen,
während der eigenmächtige und
selbstherrliche Schöpfer unver-
igänglicher Werke abseits seine
einsamen Wege unbedankt
Abb. 24. Rebustasae, Berlin, urn 1795 (Sammlung von Dullwitz, Berlin)
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