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nicht fern sein, in der die internationale Kulturwelt sie diese Sünde wider
den heiligen Geist wird fühlen lassen. Nichts ist schmählicher, als wenn die
Wissenschaft, eigene oder verborgte, zum Schergen der Gewalt herab-
gewürdigt wird, und trotz aller Umwertungen, welche die Zeit, in der wir
leben, mit sich gebracht haben mag, wird der Satz, daß die Weltgeschichte
das Weltgericht ist, nicht aus dem Bewußtsein der Menschheit verschwinden.
Was aber sollen wir tun? Uns einmütig und geschlossen hinter unsere
Regierenden und jene Männer stellen, welche uns auf dem Friedens-
kongresse zu vertreten haben werden. Nicht nur ungerecht, auch unklug
wäre es, der Regierung einen Vorwurf daraus zu machen, daß sie die Italiener
auf den Weg der Auseinandersetzung gewiesen hat; sie war nicht in der
Lage, sich anders zu verhalten. Es gibt nur zwei Wege: den der Gewalt
und den des Appells an die Welt und der Verhandlung. Daß wir der Gewalt
nicht mit Gewalt begegnen können, ist die Schuld jener, welche Altösterreich
zertrümmert und uns ganz wehrlos gemacht haben. Es bleibt also nur der
zweite Weg übrig. Wir würden die Stellung unserer Vertreter schwächen,
wenn wir Vorwürfe erheben wollten, die unbegründet sind. Stützen wir mit
fester, klarer, die Welt überzeugender Darlegung des Sachverhaltes die-
jenigen, welche unsere gerechte Sache zu führen haben werden. Wenn, wie
wir hoffen und erwarten, Franz Klein sich an ihrer Spitze befinden wird, so
haben wir einen starken Mann von hoher internationaler Geltung als Anwalt
unseres Rechtes, der nicht nur als Jurist und Politiker, sondern auch als vor-
nehmer, einsichtsvoller Kenner und Schätzer der Kunst alle jene, die nicht
grundsätzlich bösen Willens sind, in Paris überzeugen wird, daß uns nicht
genommen werden darf, was so ganz und gar zu unserem Wesen, unseren
Lebensbedingungen und, um mit den Worten der italienischen Note zu
sprechen, zu unserer Geschichte gehört wie diese Kunstschätze.
Haben wir also Vertrauen, verzweifeln wir nicht, kämpfen wir mit den
Waffen des Geistes im Namen der unveräußerlichen Rechte der Menschheit
auf ihre höchsten Güter.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBENSP VON
HARTWIG FISCHEL-WIEN 50'
LIMT-NACPILASS BEI NEBEHAY. Den Freunden und Vcrehrern Gustav
Klimts bot die Schaustellung seines künstlerischen Nachlasses einen schmerzlichen
Genuß. Die Schauräume Nebehays bargen einige Ölbilder, zumeist aus seiner letzten Zeit,
viele Bleistiftstudien, wie sie der Künstler so verschwenderisch oft als Niederschriften
momentaner Eindrücke und Einfälle hinwarf, endlich Ölstudien nach der Natur aus frühen
Zeiten, die mit seiner späteren Entwicklung so wenig mehr gemeinsam haben. Dann waren
einige Plastiken zu sehen, Frauenköpfe voll Phantastik und Materialreiz, ebensosehr ein
Ausdruck seines malerischen Empfmdens wie seiner Mystik und seines Frauenkultus.
Vitrinen bargen orientalisches Kunstgewerbe, primitive farbige Plastiken, die er-
kennen ließen, woran der Künstler so sehr seine Freude hatte, daß er es um sich zu sehen
wünschte.