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Volltext: Monatszeitschrift XXII (1919 / Heft 1 und 2)

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an, die eben nur einen Idealtypus hinstellen wollte. Die schweren, in reiche 
Falten gelegten Gewänder tragen dazu bei, die Gestalten über das mensch- 
liche Maß hinauszuheben. Da die Gruppe von Anfang an dem Blick von 
allen Seiten ausgesetzt war, so mußten die vier heiligen Personen als 
Freitiguren gearbeitet werden. Dieser Aufgabe wird Reichel vollkommen 
gerecht. Ganz prachtvoll und mit sichtbarer Liebe ist auch die Rückansicht 
der Gottesmutter modelliert (Abb. 4). In der gewollten Kompliziertheit des 
Faltenwurfs und dem Arbeiten mit starken Licht- und Schattenwirkungen 
weicht der Künstler von dem italienischen Schönheitskanon der Renaissance 
schon ganz erheblich ab. 
Auf der Rückseite des Altars unter dem Kreuz ist eine kleine Bronze- 
tafel (hoch 46, breit 73 Zentimeter) rnit dem Wappen des Abtes Merk, einem 
Lamm, angebracht, die uns Reichels Talent von einer anderen, liebens- 
würdigen Seite zeigt (Abb. 5). Wie zwanglos und elegant sind die beklei- 
deten großen und die nackten kleinen Engel zu der ganz im Sinne der 
Bologna-Schule dekorierten Wappenkartusche hinzukomponiert, so daß ein 
anmutiges Ganzes entsteht. Die Farbe der Bronzen in St. Michael und 
St. Ulrich, namentlich er- ' 
sterer, ist auffallend rötlich, 
fast kupferartig, dabei durch- 
sichtig und klar ohne jede 
Patinabildung. Auch das 
weist auf die Bologna-Schu- 
le, die einen transluziden 
Firnis anzuwenden liebte. 
Bekannter als derKreuz- 
altar ist dem BesucherAugs- 
burgs Reichels Hauptwerk, 
die Kolossalgxuppe des Erz- 
engels Michael im Kampfe 
mit Luzifer an der Fassade 
des Zeughauses (Abb. 6). 
Nach einer Inschrift über 
dem Tore ist die Gruppe 
1607 aufgestellt worden. 
Einem glücklichen Fund 
des Archivadjunkten Dr. H. 
Wiedemann verdanken wir 
jetzt genaue Nachrichten 
über die Entstehung dieser 
bedeutenden deutschen 
Großplastik. Im Stadtarchiv 
fand sich nämlich der Ver- 
trag, den Matthäus Welser, Abb. a. Taufbecken in der Ulrichskirehe zu Augsburg 
 
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