verlangt, sondern treue Abbildungen von Bürgerhäusern, und wo solche
mit Verständniss und Sorgfalt ausgeführt sind (wie 1895 in Amsterdam
und 1896 in Dresden), gewähren sie einen ganz erfreulichen Anblick und
können bildend sein. Freilich lässt sich dies nur von der Minderzahl
sagen, in der Regel sind solche Decorationen mit Bauwerken aus ver-
schiedenen Zeitaltern, in deren Erdgeschossen Industrie-Artikel neuester
Art von modisch oder costümballmäßig aufgeputzten Verkäuferinnen an-
gepriesen werden, nur dazu angethan, culturgeschischtliche Confusion
anzurichten. Volles Verständniss bringen die Besucher natürlich den Bier-
quellen entgegen, und sie erfreuen sich, soweit wir beobachten konnten,
überall und ohne Rücksicht auf den Charakter der Architektur des reich-
lichsten Zuspruches, während in den, anderen Industrien gewidmeten
Hallen Raum in Ueberfluss zu sein pflegt. Ob der Reiz solcher von den
Künstlerfesten sattsam bekannten Maskeraden noch lange vorhalten werde,
darf wohl bezweifelt werden. Aber ohne Zweifel sinnen erfinderische
Geister auch jetzt schon auf neue Ueberraschungen für das Publicum,
die freilich das Ausstellungswesen seinem eigentlichen Zwecke wohl nicht
näher bringen werden.
Das allgemeine Buhlen um die Gunst großer Menschenmengen bringt
den Schwank vom Brunnengraben der Schildbürger in Erinnerung: an-
locken kann man nur durch größeren Aufwand, und der größere Auf-
wand verlangt wieder noch größere Besuchermengen. Daher schließen
die Unternehmungen mit seltenen Ausnahmen unbefriedigend ab, und
wenn es mit Hilfe von Subventionen, Garantiefonds, Platzzinsen, Lotterien
u. s. w. glückt, die Kosten der Unternehmung wieder hereinzubekommen
und machen sich die Belustigungsanstalten bezahlt, so finden die eigent-
lichen Aussteller meistens ihre Rechnung nicht. Es würde unbegreiflich
sein, dass trotz der alljährlichen bitteren Erfahrungen immer noch"
gewagte Unternehmen zu Stande kommen, wenn nicht Ausstellungen
als Mittel zur Hebung des Fremdenverkehrs geschätzt wären, wenn nicht
stets zahlreiche Personen wünschten, in den Comitelisten genannt zu werden,
und wenn nicht die Ueherproduction viele Gewerbsleute die Ausstellungen
als ein Glücksspiel auffassen ließe, aus dern doch einmal ein Treffer her-
auskommen könnte. Die Uebrigen sollen dann mit nicht immer sanfter
Gewalt gezwungen werden, und wer sich von dem Nutzen einer Aus-
stellung durchaus nicht überzeugen lassen will, der muss sich Mangel an
Patriotismus vorwerfen lassen. Es zeugt von sehr mangelhafter Kenntniss
der Verhältnisse, wenn gelegentlich in Zeitungen behauptet wird, die
große Zahl überflüssiger Ausstellungen beweise, dass sie - nicht über-
Hüssig seien, die großen Industriellen hielten sich nur deshalb zurück,
weil sie die Ausstellungen nicht mehr brauchten. In Wahrheit lassen sich
auch die Großen gern bereitlinden, auszustellen, wenn sie davon einen
Nutzen für die Industrie überhaupt und für die eigene erwarten dürfen.
Der Beweis dafür wird grade jetzt wieder erbracht, indem das Project