zeichnung überhaupt nur dem Umstande, dass sie an die italienische
Renaissance als ihr Vorbild angeknüpft hat. Und in gleicher Weise ist
die französische, englische und spanische Renaissance zu verstehen:
lediglich aus dem Umstande, dass sie dem Einflusse der italienischen
Renaissance maßgebenden Raum gewährt haben, dürfen sie wenigstens
den Schein einer Berechtigung ableiten, als Renaissancen bezeichnet
zu werden.
Wir werden nun begierig fragen: Wie steht es mit den Erfolgen der
deutschen Renaissance? Sind sie auch so durchschlagende, zweifellose ge-
wesen,wie wir sie als Entwicklungsresultate der früheren Renaissancen haben
feststellen können? Diese Frage ist schlankweg zu verneinen. Die deutsche
Kunst ist seit dem Eindringen der italienischen, also vom Beginne des
16. Jahrhs. an, zu keiner wahrhaft selbständigen Schaffensperiode mehr
gelangt, man darf sagen, bis zum heutigen Tage nicht. Die deutsche
Renaissance ist zeitlebens blos bei der Kleinkunst, beim Kunstgewerbe
stehen geblieben; sobald sie sich im 17. Jahrhundert wiederum monu-
mentalen Aufgaben zuzuwenden begann, vermochte sie dies nicht mehr
anders, als durch neuerliche Anleihen bei der italienischen Kunst. Wir
werden nicht fehlgehen, wenn wir diesen Unterschied im Erfolg der
deutschen Renaissance gegenüber den Erfolgen der früheren Renaissancen
auf den vorhin festgestellten Unterschied in den Entstehungsbedingungen
zurückführen. Die italienische Kunst war der deutschen zu fremd, nicht
von Haus aus verwandt genug, um eine fruchtbringende Verbindung mit
ihr einzugehen. Es konnte blos zu einer Bastardproduction kommen, und
diese hat sich bis auf den heutigen Tag immer wieder erneuert, zu einer
fruchtbaren Fortpflanzung ist es aber nicht mehr gekommen. Die ita-
lienische Kunst war seinerzeit kräftig genug gewesen, um sich aus den
Banden der eingedrungenen fremden Gothik zu befreien; die deutsche
Kunst ist in den Banden der italienischen gefangen geblieben: sie hat
sich eben diesen Banden von Anbeginn allzu willig hingegeben, und sie
hat in Folge dessen allmälig, obzwar ursprünglich unbeabsichtigtermaßeh,
die wahrhaft zeugungskräftige eigene Art eingebüßt. Wahrhafte Origi-
nalität ist in der deutschen Kunst seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr
anzutreffen.
Und nun wollen wir uns zum Schlusse der Betrachtung der mo-
dernen Kunst zuwenden, die ja auch, wie schon Eingangs festgestellt
wurde, manche renaissancemäßige Züge aufzuweisen hat. Die Erschei-
nungen, die sie uns darbietet, sind sehr mannigfaltige, je nachdem wir
dabei das eine oder das andere Land oder Volk im Auge haben; es er-
i scheint daher nothwendig, sich bei dieser Betrachtung in knappem Rahmen
eine Beschränkung dahin aufzuerlegen, dass wir erstens in topographischer
Beziehung hauptsächlich die uns zunächst umgebende Kunst, d. h. die
Kunst in Deutschland und Oesterreich, zweitens in sachlicher Beziehung
vornehmlich die Architektur als die normale Grundlage für die Ent-