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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1895 / 8)

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Als eine Vorbedingung für dieses projeetive Darstellen betrachtet Meurer das Ver- 
gleichen verschiedener Exemplare gleicher Ptlanzenformen; er hat: es für nothwendig, 
nicht um eine nNormnlformu zu construiren, sondern um die Gestaltungselemente der 
Gattung kennen zu lernen. 
Das darauf folgende naturalistisch-perspectivische Zeichnen der PHanze, welches 
für alle dem Flnchenschmuck dienstbaren Künstler (Maler, Musterzeichner etc.) nothwendig 
ist, soll möglichst nach der lebenden Pflanze geübt werden und sich eingehendst mit 
dem Organismus und der Structur der Pflanze. dem Ansetzen der Organe am Stengel 
dem Berippungssystem etc. befassen. Erst durch dieses gleichsam anatomische Studium 
der Pflanze wird das Zeichnen der letzteren dem Zeichnen der Formen des mensch- 
lichen Körpers ebenbürtig zur Seite gestellt sein; durch dasselbe erhofft sich Meurer die 
Anerziehung jener scharfen Beobachtungsgabe, welche z. B. der Japaner für die Gestal- 
tungsgesetze thierischer und pflanzlicher Formen besitzt, und einen dauernderen Nutzen 
für unsere decorative Kunst, als durch das Nachahmen japanischer Darstellungsweise, 
welches man, wie jede Stilwiederholung, bald überdrüssig wird. 
Meurer kommt nun zur Besprechung des Lehrstoffes und des Vorbildermaterials. 
Außer Thierformen-Sammlungen (Skeletten, Schädeln, Köpfen, Klauen, Flügeln etc.) 
verlangt er ein rationell zusammengestelltes, dauerhaftes, jederzeit verwendbares pflanz- 
liches Unterrichtsmaterial und die Anlage von Topfsammlungen, kleinen Gärten und 
Kalthäusern. Außerdem gibt er für das Conserviren durch Trocknen, lrnpragniren etc. 
praktische Fingerzeige. 
Als wichtigstes Erforderniss bezeichnet Meurer aber vergrößerte plastische Modelle, 
weil die Kleinheit oder Unvollkommenheit der natürlichen Formen dem Anfänger unüber- 
windliche Schwierigkeiten bereiten. Für den elementaren Zeichenunterricht will 
er noch ein specielles Werk anfertigen, ebenso verfolgt er die Beschaffung pla- 
stischen Unterrichtsmatertals. 
Meurer kommt am Schlusse seiner aliinführungu zum speciellen Zwecke seines 
Werkes, das weder das natürliche Vorbildermaterial ersetzen, noch als Motivenschatz 
für unmittelbare ornamentale Verwendung dienen, sondern nur die künstlerische 
Betrachtungsweise der Natur fördern soll. Seine Tafeln sollen dem technischen 
Künstler die besondere Art seines Naturstudiums darlegen (das weder durch das natu- 
ralistisch dargestellte Pflanzenbild, noch durch Vorführung seiner ornamen- 
talen Umbildung allein erschöpft ist); sie sollen höchstens bei Beginn des Studiums 
in einer Auswahl als unmittelbare Vorlagen zum Nachzeichnen dienen, im weiteren 
Verlaufe des Unterrichts dagegen nur als Hilfsmittel und Anleitung für das 
directe Naturstudiutn verwendet werden. 
Von den Textbeilagen zu den einzelnen Tafeln sind besonders diejenigen für die 
verschiedenen Darstellungen des Akanthus, seines Baues, seines Blattes, seiner Blüthe 
von besonderem Interesse. Meurer setzt dieses von archäologischer Seite zu Gunsten der 
Palmette aus dem Sattel gehobene, seit den ältesten Zeiten unter die Kunstformen auf- 
genommene Pßanzeugebilde mit überzeugender Klarheit wieder in seine Rechte ein. 
H-e. 
Bibliographie des Kunstgewerbes. 
(Vom 15. Juni bis I5. Juli 1895.) 
I. Technik u. Allgemeines. Aesthetik. f Theorie Md Prlßlicß- 15'" Cdil- 3"- 
Kunstgewerblicher Unterricht. ä G.L'B'i'ä""üiä'e'lmze:' Hzebsrgsödubs Kunugb 
Ansuulx. Lu Croix avant Jesus Christ. 4". werbes. (Kunstgew. Rundschau, 6.) 
30x p. avec 400 grav. executees d'apr'es Guiilot, G. La Renaissance artistique. 
les monuments de Pantiquites. Paris,  (Revue de Part chretien, Mai.) 
Retaux et fils. Ä Jacques e! Andrin. Le dessin pratiquc 
Concours des Grlnds Magasins du Louvre. et d'apres nuture ä l'usage des ecoles gar- 
(Uart pour tuus, Juni.) diennes etc. Huy, Chnrpentier et Edmund. 
Conz, G. Die wichtigsten Gesetze der 4'. 40 p. lig. fr. r6o. 
Perspeetive in ihrer Anwendung auf das Jaffe, F. Amerikanische Innendecorationen. 
Zeichnen nach der Natur. gr. 3'. VII,  (Zeitschr. für Innendeeon, Juli.) 
87 S. mit 66 llIustr, Stuttgart, Wiuwer. ' Lemcke, P. Geschichte des freien Reichs- 
M. 2-50. stifts und der Klosterschule Waikenried. 
Dennis, H. J. Iilcmeniary Perspective, i III, 95 S. (Geschichte der Burgen und
	        
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