Lehrgänge für Weißstickerei und Knlipfarbeit. Von Louise Schinnerer.
Deutsche Verlags-Anstalt, 1893. 8". 152 S.
Die Verfasserin zlhlt zu den wenigen Vertreterinnen des Stickerei-Lehrfaches,
die neben ihrer berufsmäßigen Thatigkeit auch Zeit für die Losung technischer Probleme
und für eine litterarische Thätigkeit finden. Aus Aufsätzen, die in der slllustrirten WGIH-
und in nUeber Land und Meer: zerstreut das Licht der OeGentlichkeit erblickt hatten,
gelang es ein Büchlein zusammenzustellen, das in zwei in sich abgeschlossenen und voll-
kommenen Darstellungen die im Titel bezeichneten LehrgAnge vorführt. Die Publication
ist um so verdienstlicher, als dieselbe gerade solche Zweige weiblicher Kunslfertiglteit
betrißt, die so recht zu den hauslichen zahlen - sollten; Monogramm-Stickerei kommt
z. B. bei jedem Stück Wäsche in Betracht, und die Fransenknüpferei ist eine Technik,'
mit der sich bei verhlltnissmaßig geringem Aufwande an Zeit und Mühe die reiz-
vollsten Verzierungen der htuslichen textilen Gebrauchsgegenstande herstellen lassen. Um
aber auch denjenigen Leserinnen entgegenzukommen, die über das häusliche Nutzgebiet
hinaus sich anspruchsvolleren Luxus-Arbeiten widmen wollen, wurde ein Schlusscapitel
über nstilvolle Handarbeitenu angehängt, das großtentheils solche vornehmeren Tech-
niken behandelt, immerhin aber auch manche werthvolle und nutzbringende Winke für
die bescheidenere Durchschnitts-Hzusstickerin enthält. Rgl.
a:
Spitzen des 16. bis 19. Jahrhunderts aus den Sammlungen des Kunst-
gewerbe-Museums zu Leipzig, ausgewählt von Prof. Melchior zur
Strassen. Leipzig, Karl W. Hiersemann, 1894. M. 60.
Diese Publication ist in zwei Theilen als lV. und V. Serie der rOrnamentalen
und ltunstgewerblichen Sammelmappe- des Leipziger Kunstgewerbe-Museums erschienen,
wovon ieder Theil a; Lichtdrucktafeln mit 173, beziehungsweise 3:4 Einzelmustern ent-
hält. Dieselben vertheilen sich nicht blos auf Nadel- und Klöppelspitzen aller bisher
bekannt gewordenen Genres seit dem 15. Jahrhundert, sondern auch auf Filetsticltereien,
KVeißstickereien, Hakelarbeiten u. dgl. Jedem Theil ist ein nach den Fabricationsstatten
zusammengestelltes Sachregister beigegeben und ein Blatt Text vorangeschickt, worin
Max Heiden, der kundige Conservator der Textilsammlung des Berliner Kunstgewerbe-
Museums, knappe, aber treffende Bemerkungen über Geschichte der Spitze und ihrer
Mustertypen bietet. Rgl.
Vittorio Stringher: Ulndustria dei rnerletti nelle campagne. Roma,
G. Bertero, 1893. 8". 75 S. M. 3.
Das Buch, dessen Inhalt der rührige Verfasser zum Gegenstande wiederholter
Vortrage in Rom und Udine gemacht hatte, behandelt die Spitzenerzeugung lusschließ.
lich nur soweit, als dieselbe als Hausindustrie betrieben wird. Wir erfahren daraus, dass
gegenwärtig in Italien auf solche Weise ungefähr 20.000 Spitzenklopplerinnen thätig sind,
und zwar in Burano (und einigen anderen kleineren Ortschaften bei Venedig], in Fnaul,
an der ligurischen Riviera, zu Isernia und Aquils in den Abruzzen, ferner zu Chieti,
Teramo, Ancona und in beiden Calabrien. Dass das Historische mit einigen Worten ab-
gethan erscheint, gereicht dem Buche mit Rücksicht auf die aus anderen Publicationen
romanischer Schriftsteller bekannte Ungenauigkeit in diesen Dingen nur zum Nutzen:
denn umso breiterer Raum wird den Erörterungen über den actuellen Stand dieser In-
dustrie in Italien gewahrt. Von minderem Wetthe sind die Ausführungen des Verfassers
aber die Zustande im Bereiche der Spitzenindustrie außerhalb Italiens: für Oesterreich
z. B. beruft er sich auf einen Bericht über die 1873er Weltausstellung, in oifenbarer
Unkenntniss der zahlreichen einschneidenden Veränderungen, die sich seither auf diesem
Gebiete bei uns vollzogen haben. Sehr lesenswerth sind dagegen die Erörterungen
der ivirthschaftliehen Lage der italienischen Spitzen-Hausindustrie, so namentlich der
schlechten Lohne als Folge des Zwischenhandels und der verschiedenen geeigneten
Mittel zur Abhilfe dagegen. Der Verfasser spricht sich jedoch entsenieden für die Bei-
behaltung des Hausindustrie-Systems als solchen und für Verschmahung des ausländischen
Fabriltsystems (Belgien) aus, und zwar hauptsächlich aus Gründen der Moral. Für die
Maschinspitze hat er nur eine bedingungslose Verdammniss, worin wir ihm nicht völlig
beistirnmen können. Beachtenswerth sind endlich seine Mittheilungen uber die von einigen
Damen gegründeten und erhaltenen Schulen fur hausindustrielle Spitzenerzeugung, deren
Lehrplan und Unterrtchtsrnetliode dem Leser vollständig vorgefuhrt werden. Am aus!
führlichsten verbreitet er sich hiebei über die von der Grafin Cora von BrazzZt-Savorgnan
unterhaltenen Schulen in Friaul, welcher Dame als der vornehmsten und dermalen tha-
tigsten Beschützerin und Forderin dieses weiblichen Erwerbszweigcs das Buch gewidmet
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