Auch die hohe Kunst, Malerei, Plastik, Architektur, hat eine Stätte
gefunden und man hat sich bemüht, in dieser Abtheilung alle berühmten
Tiroler Künstler der Gegenwart vorzuführen; hier befindet sich auch der
Entwurf von Klotz zur Erweiterung des Hofer-Denkmals, stets umstanden
von zahlreichen Landeskindern, welche laut den Wunsch aussprechen,
dass das Hofer-Standbild von Natter durch die Ausführung dieses Ent-
wurfes vervollkommnet werden möge. Für die in München lebenden
Tiroler Künstler, eine stattliche Zahl unter Defreggers Führung, ist eine
eigene Abteilung reservirt worden.
Endlich ist der historischen Abtheilung zu gedenken. Es lag nahe,
zur Würdigung, welche die Tiroler Ausstellung dem Lande bringen soll,
auch die Vergangenheit, nicht nur die Gegenwart aufzurufen. Dass die
heutigen Gewerbetreibenden hiedurch auch von dem, was früher im
Lande geleistet wurde, lernen möchten, ist wohl eine gutgemeinte Neben-
absicht der Veranstalter gewesen. Nur hätte die Anordnung dann wohl
eine bessere sein und der Katalog früher erscheinen müssen; bis Anfang
August lag er noch nicht vor, jede Beschreibung und Anleitung fehlte.
Dass Tirol höchst bedeutende und zahlreiche Schätze an reizvollen Arbeiten
der Kleinkunst aus der besten Zeit und von der besten Art besitzt oder
besessen hat, wissen wir; Klöster und Museen und die wenigen erhalten
gebliebenen Schlösser wie Tratzberg und Churburg sprechen eine deut-
liche Sprache. Wie viel hievon freilich leider in's Ausland ging, sieht man
z. B. in München, Nürnberg, Berlin. Aber noch immer ist viel vor-
handen, wohl noch weit mehr, als gegenwärtig in Innsbruck zusammen-
getragen ist. Wir begegnen so manchen Prachtstücken, die gelegentlich
im österreichischen Museum ausgestellt waren, den golddurchwiikten
Trientiner Gobelins, dem Wiltener Speisekelch, den Haller Altärchen, der
Brixener Renaissance-Cassette und anderen kirchlichen Arbeiten, welche
1887 in Wien waren. Doch sieht man viel auf Ausstellungen bisher noch
nicht Gesehenes, Kirchengeräthe und profane Gegenstände aller Arten
und Zeiten aus Brixen, Viecht, Hall, lnnichen, Mals, Marienberg, Neustift,
Trient, Wilten, aus dem reichhaltigen, höchst sehenswerthen, jetzt in
einem eigenen Prachtgebäude untergebrachten Innsbrucker Ferdinandeum,
vor Allem auch aus dem Schlosse Tratzberg des Grafen Enzenberg und
aus anderem Privathesitze. Auch der berühmt gewordene Flügelaltar aus
dem Ansitze Zimmerlehen bei Bozen ist da, den nach der glücklichen
Zustandebringung desselben der eben verstorbene Ritter v. Widrnann-
Staffelfeld-Ulmburg angekauft und dem Ferdinandeum zum Geschenke
gemacht hat. Die 36 Emailbilder, wahrscheinlich Limoger Arbeit nicht
von der vollendetsten Art, sind nach Dürer's kleiner Passion gemalt.
Höchst interessant sind auch die ausgestellten ältesten Erzeugnisse des
Buchdrucks in Tirol (Trientiner Drucke von 14.75 ab), die ältesten Tiroler
Zeitungen (1557), Kalender u. s. w., sodann Tableaux der hervorragendsten
Münztypen Tirols aus den vier Münzstätten Meran, Hall, Lienz und