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Der neuerliche Nachweis einer Herstellung von Knüpfteppichen im
Wege einer Volkskunst auf europäischem Boden darf somit als ein für
die Forschung sehr bedeutsames Ergebniss angesehen werden. Mit den
wrohen Nachahmungen von Savonnerie-Erzeugnissenu, die W. Bude (in
Jahrb. der preuB. Kunstsamml. XIII. x29) als polnische Knüpfteppiche
anführt, wird Niemand die bessarabischen Knüpfteppiche mit ihren ein-
fachen, meist aus der Raute und Hakenform construirten Ornamenten
verwechseln, man entschlösse sich denn zu der abstrusen Annahme, dass
die Bessarabier sich diesen Zweig ihrer Volkskunst aus der Savonnerie
geholt haben.
Unser vorwiegendes Interesse ist aber augenblicklich, im Rahmen
dieser Berichterstattung, nicht dasjenige des Forschers, sondern dasjenige
des praktischen Volksfreundes, dem die Förderung der bukowinischen
Volkskunst vor Allem am Herzen liegt. Da erhebt sich die Frage, 0b die
nachgewiesene Existenz einer vormals in der rumänischen Landbevölke-
rung gewiss auch in der Bukowina verbreitet gewesenen Teppich-
knüpferei zum Anlasse benützt werden soll, um die Uebung dieser halb-
vergessenen Technik dem Landvolke wieder nahezulegen. Ich muss
gestehen, dass ich ursprünglich, vor der genaueren Kenntnissnahme von
den besonderen Verhältnissen in der bukowinischen Volkskunst sehr ge'
neigt war, einer solchen Wiedereinführung der Knüp ferei das Wort zu
reden. Bestärkt hat mich darin vor Allem der Erfolg, den Kränjavi in
Agram davongetragen, seitdem er die Production von Wirkteppichen in
Croatien durch diejenige von Kntipfteppichen ersetzt hat. Doch handelt
es sich im letzteren Falle um eine Herstellung auf Gewinn, um eine
auf Erwerb abzielende wirkliche Hausindustrie, wofür nach dem früher
Gesagten die Voraussetzungen in der Bukowina noch fehlen. Die buko-
winische Landbevölkerung verlangt noch nicht nach einer Vermehrung
ihrer materiellen Güter im Wege der Industrie. Es ist zwar heutzutage
eine weitverbreitete Meinung, ja eine der Grundlagen unserer ganzen
socialen Weltordnung, dass die Vorbedingung für einen Fortschritt des
Stelle gar keine Notiz genommen wird) auf orientalischen Ursprung zurückzuführen,
d. h. gegenüber meinen Ausführungen (Altorientalische Teppiche, Seite 31 lf. und im
Schlusscapitel) die alte Legende wieder aufzunehmen, stützt sich, unter lgnorirung aller
anderen Umstinde, blos auf das ornamenule Aeußere eines einzigen Teppichs, und der
orientalische Charakter dieses einzigen Teppichs wird aus der Quadrirung seiner Ober-
Hache und seinen stilisirten Thieriiguren gefolgert. Wer aber nicht jede stilisirle Thier-
Ggur schlechtweg für orientalisch halt und mit Werken europlischer Volkskunst, na-
mentlich des Nordens, einigermaßen vertraut geworden ist . wird für die Vurbildliehkeit
eines orientalischen Teppichs in dem angeführten Falle nicht nur nicht: Zwingeudei
erblicken, sondern gerade durch Habitus und Stilisirung der auf jenem Teppich wahr-
nehmbaren Thier- und Pilsnzeniiguren einen unmittelbaren orientalischen Ursprung oder
Anstoß geradezu für ausgeschlossen erklären. Die norwegischen Teppiche enthalten nicht
mehr von dem sogenannten Orientalischen, ala die romanische Kunst etwa in Deutsch-
llnd, aus welcher in die Kunst des Nordens zum überwiegenden Theile hervorgegangen ist.