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Gefäße des Beifalls würdig. Die große Colleclion auf der Prager Aus-
stellung hat leider die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen. Die Ge-
genstände nach ihrer Art sind mannigfacher, dagegen die Formen will-
kürlicher und die sonst sehr ernste Färbung leidet unter dem vielen
polirten Golde.
Weitaus reicher ist das böhmische Glas vertreten, und doch nicht
vollständig weder nach den Firmen, noch nach der Art. Dennoch bietet
es vielfach Interesse, da es ja fortwährend Neues zu bringen pflegt.
Besser, als wir sie je gesehen, hat die l-Iarrach'sche Fabrik in Neuwelt
ausgestellt, sehr mannigfach in den Arten, sowohl in farbigem wie in
Krystallglas, feiner und maßvoller und darum besser in den Formen,
in denen sie bisher nicht glücklich war, maßvoller auch in der Farbe,
in der sie ihre Stärke besaß und in der sie gewöhnlich übertrieb. Feines
Trinkgeräth für den Tischjzebrauch finden wir heute überall, bei Meyer's
Neffen in Adolf, bei Stölzle's Söhnen, bei Joseph Inwolf. Es ist immer
Ei" Vergnügen zu sehen, wie dieser edle Zweig der Kunstindustrie, die
edelste Spezialität in Glas, zur Ausbildung und zur Verbreitung ge-
kommen ist. Wer auf einige Jahrzehnte zurückdenkt, der wird auch an
dem Krystallglas auf der Prager Ausstellung großes Vergnügen em-
pfinden. Neben der eigentlichen böhmischen Art des gravirten, mit schönen
Ornamenten verzierten und in zierlich gegliederten Formen gehaltenen
Glases macht man aber auch die Bemerkung, daß die Nachahmung der
specifisch englischen Art, nämlich des diamantirten oder brillantirten, in
Krystallformen geschliffenen Glases sich ausbreitet. In dieser Art muss
aber das böhmische Glas nach seiner Beschaffenheit hinter dem wirkungs-
volleren englischen Glase zurückstehen, wie wir das zum Oefteren aus-
führlich auseinandergesetzt haben. Wir wollen das nicht grade eine
falsche oder verfehlte Richtung nennen, denn in dem Lichterspiel der
brillantirten Oberfläche ist ja auch bei dem böhmischen Glase noch Reiz
und Wirkung genug vorhanden, verkehrt aber ist ein Verfahren bei
Inwolf, große Krystallvasen mit Bronzehenkeln zu versehen und mit Photo-
graphien zu schmücken, und noch verkehrter bis zur Widersinnigkeit,
Sitzmöbel aus Krystallglas zu machen, wie man in der Ausstellung dieser
Firma sehen kann. Schon 1873 auf der Wiener Weltausstellung wurde
eine Venetianer Fabrik mit solchem Versuche - ausgelacht. Wir werden
niemals unsere Wohnzimmer mit Glassesseln ausstatten. wohl aber sehr
gerne mit den glasumrahmten Spiegeln, welche die Kinskfsche _Fabrik
in Burgstein, eine alte gute Art fortsetzend, in gewählter schöner Col-
lection zur Ausstellung gebracht hat.
Zu den Spezialitäten der böhmischen Industrie gehört auch die Ver-
Wendung der im Lande gefundenen Edelsteine und Halbedelsteine, für
welche eine eigene Fachschule in Turnau geschaffen worden. Dieser
Zweig der Industrie ist auf der Ausstellung reich und interessant ver-
treten. Nicht blos die Turnauer Schule zeigt ihre Art, ihren Unterricht