Chronisten eine Modesache ge-
worden, Morland als Mann zu
beschimpfen, seine Charakter-
schwächen zu betonen, und ihn
als einen abgestumpften, un-
moralischen, gewissenlosen
Taugenichts darzustellen! Wenn
man jedoch die vorhandenen
Aufzeichnungen über sein Leben
genau prüft, kann man nur die
Ungerechtigkeit dieses über-
raschen Urteiles erkennen.
Vor allen Dingen war sein
unzweifelhaft impulsives und
unstabiles Temperament ganz
sonderbar liebevoll, grossmütig,
empfindlich und von Natur aus
verfeinert, denn nie finden wir
auch nur eine Spur von Roheit
in seinem reifen Werke, was umso
erstaunlicher ist, wenn man die
Menschenklasse berücksichtigt,
mit der er in fortwährende Be-
G.Morland,DerMäher rührung kam, und die Lebens-
weise, welche er angeblich geführt
haben soll. Morland war immer frei von gesellschaftlichen Vorurteilen, ein
Mann, der sich nicht viel um weltliche Ehren und Rang scherte und sich
weigerte, von seinen Geburtsrechten Gebrauch zu machen. Seine absolute
Missachtung sozialer Gebräuche und die unbeschränkte Freiheit seines Ver-
kehrs mit Leuten, die einer tieferen Gesellschaftsschichte angehörten, sind nur
Manifestationen jener leicht erweckbaren Sympathie, welche einen so liebens-
werten Zug seines Charakters bildete und ihn befähigte, das „Warum" und
„Wozu" seiner Umgebung zu begreifen. Gerade dieses warme Verständnis
und diese Sympathie verleihen seinem Werke so viel Reiz.
Ein anderer Grund seines abnormen Erfolges als Maler war sein
natürlicher Abscheu vor jeder Art von Maniriertheit. Maniriertheit kenn-
zeichnet die Zeit, in welcher er lebte. Wir finden das Werk der grössten
Maler dieser Periode davon angesteckt. Der anerkannte Zweck der Kunst
war, die Natur in etwas Ideales zu verfeinern und wir können gut begreifen,
dass Morlands Verfahren die Männer skandalisierte, welche ihm jenen
Naturalismus vorwarfen, dem wir heute so herzlich Beifall spenden. Morland
versuchte nie, die Niedrigkeit zu gloritizieren. Er zeigte einfach, was er sah,
und malte seine Bauern, wie sie waren, ohne je daran zu denken, sie allegorisch
zu verwerten. Ihre Einfachheit, ihre Freiheit, ihre Ungebundenheit sprachen