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Fayenceproduction sich auf dem Kunstmarkte in bedeutender Weise be-
merkbar machen. Eine hervorragende Rolle spielen in Berlin die Gold-
schmiedearbeiten und insbesondere haben die Firmen Sy 81 Wagner und
Vollgold eine Reihe hervorragender Arbeiten ausgeführt. Wir meinen damit
nicht blos die Prunkgefässe, sondern ganz besonders die Schmuckgegen-
stände von Sy 8: Wagner, welche mit feinem Geschmacke die Vorbilder
der Holbein'schen Zeit benützen. Es ist von fachkundiger Seite bereits
bemerkt worden, dass die Berliner Industrie auch wesentlich bemüht ist,
wohlfeilere Producte in geschmackvoller Form herzustellen. Es war seiner-
zeit gewiss sehr gut, dass Herr Reuleaux mit dem geflügelten Worte
vbillig aber schlechte die deutsche Industrie aus ihren Illusionen geweckt
hat; aber heutigen Tages wäre es ungerecht, wenn man dieses Wort auf
die heutige deutsche Kunstindustrie anwenden würde. Seit der letzten
Münchner Ausstellung hat dieselbe gewiss auf mehreren Gebieten grosse
Fortschritte gemacht.
Man darf nicht vergessen, dass die deutsche Kunstindustrie im ganzen
Deutschen Reiche einen grossen gesicherten Markt hat, dass der deutsche
Handel sich gegenwärtig über die ganze Welt erstreckt, durch eine ge-
waltige Handelsmarine, ein wohlgeordnetes Consulatwesen, eine sehr aus-
gebreitete Seeküste, wirksame Musterschutzgesetze unterstützt wird. Dazu
kommt, dass auch in neuesten Zeiten der ganze gewerbliche Unterricht
einheitlich und intelligent organisirt ist. Es kann selbstverständlich nicht
die Aufgabe dieser wenigen Zeilen sein, die kunstgewerbliche Bewegung
in Leipzig und Berlin eingehend zu schildern, aber sie dürften vielleicht
hinreichen, die Aufmerksamkeit unserer Leser auf dasjenige hinzulenken,
was in unserer Nähe auf kunstgewerblichem Gebiete vorgeht.
Wien, Ende August. R. v. E.
Frauenschulen und Frauenarbeit auf der Pariser Weltausstellung l878.
Von Aglaia v. Enderes.
(Fortsetzung)
Die Poreellan-Fahrlk zu Sevres.
Geleitet von dem Wunsche einen näheren Einblick in die Thätigkeit
der Frauen auf dem Gebiete der Porcellanrualerei in Frankreich zu gewinnen,
angeregt durch manches ausgezeichnet schöne Object, das die weltberühmte
Fabrik von Sevres nach der Ausstellung gesandt hatte und dessen künst-
lerischer Schmuck von Frauenhand herrlihrte, besuchte ich die Manu-
factur, deren Ruf so viele Reisende von dem grossen, menschenerflillten
Paris nach dem kleinen, stillen Landstädtchen hinauslockt.
Das Ergebniss meiner Forschungen bezüglich des Arbeitsantheiles,
der den Frauen in der Fabrik von Sevres zukommt, welches Ergebniss
sich auf die eingehendsten Mittheilungen der Direction und auf eigene
Anschauung stützt, war jedoch kein sehr erfreuliches.
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