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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 135)

_VllI Die gegenwärtigen Aufgaben der Verwaltung des artistischen Bildungswesens. 
Als damals _ vor mehr als Jahresfrist _ auf die mannigfachen Anzeichen 
eines Umschwunges hingewiesen, die Tragweite dieser deutschen Bestrebungen 
abgeschätzt, zahlreiche Stützpuncte derselben bezeichnet, Gunst und Ungunst ihrer 
Aussichten und durch sie bedingte Rückwirkungen auf Österreichs Verhältnisse 
erwogen wurden, konnte die Unterrichtsvervraltung nicht erwarten, dass solche 
Ankündigung der in Deutschland begonnenen Entwicklung schon so bald und 
so augenfallig Bestätigung finden wurde durch eine hervorragende Erscheinung des 
öffentlichen Lebens. ' v i. t 
Die vor zwei Monaten zu München beendete Kunst- und Kunst- 
gewerbe- Ausstellung war es, welche solche Bestätigung mit einer Entschiedenheit 
ertheilte, die selbst in den fachmännischen Kreisen zu üben-aschen nicht verfehlt hat. 
Eines - vor Allem schien von princinieller Bedeutung an dieser Ausstellung. 
Sie War allen Gebieten künstlerischen Schadens gewidmet. Ihr Programm wurde 
von jener Idee der Einheit der Kunst beherrscht, welche schon vor einigen Jahren 
den Ausgangspunct für die ganze Wirksamkeit der österreichischen Unterrichts- 
verwaltung gebildet hatte. Dass ein so wichtiger Grundgedanke zum ersten Male 
für ein bedeutendes deutsches Unternehmen bestimmend war, durfte schon an sich 
als ein Symptom des grossen Fortschritte: der Geschrnacksreform in Deutschland 
gedeutet werden. Und in der That konnte ein genaueres Studium der Ausstellung in 
solcher Deutung des Symptomes nur bestärken. _ 
Wenn nämlich schon diejenigen Theile der Münchener Ausstellung, welche 
moderne gewerbliche Erzeugnisse vorfiilirten, die meisten kunstindustriellen Pro- 
ductionen Deutschlands auf reformatorischer Bahn zeigten, so lies: die Exposition 
der deutschen kunstgiewerblichen und Kunstschulen noch weit deutlicher zahl- 
reiche Spuren von Anstrengungen erkennen, auf dem Wege rationellen Unterrichts 
bisherigen Mängeln vom Grunde aus abzuhelfen und eine Generation stylgerecht 
erlindender Künstler und gutgeschultel" ausführender Kräfte zu erziehen. Trotz 
dieser principiellen Umwandlung. welche an Deutschlands Leistungen und Strebungen 
zu München anfßel, behaupteten die Erzeugnisse des österreichischen Kunsttleisses 
in überwiegender Mehrzahl der Zweige dort noch den ersten Rang. Diess wurde 
von sachverständiger deutscher Seite nicht zu bestreiten versucht. Eben so wenig 
darf aber osterreichischerseits verkannt werden, dass der ehemals weite Abstand 
zwischen Österreichs und Deutschlands kunstindustriellen Leistlmgen verringert 
schien, seit beide vor drei Jahren in Wien sich zum letzten Male an einander 
gemessen Ü. 
') Mnn gab sich in Deutschland keiner Täuschung über den ungilnsfgen Eindruck hin, 
den die deutsche Industrie 1873 zu Wien auf alle Welt gemacht hatte. Ein norddeutscher 
Fachmann schrieb damals: „Wenn die Wiener Weltausstellung ilir Deutschland denselben Erfolg 
haben sollte, wie die Pariser Nr England, wenn die Übenenglmg von dem traurigen, unglaublich 
niedrigen Stande unserer kunstgewerblichen Bildung recht tief und beschamend sich in das 
Bewusstsein unserer Landsleute einprägen wurde, wenn die deutschen Besucher der Weltausstellung 
demlithig und bescheiden nach Hause gehen und sich klar machen werden, was Alles wir noch 
von unseren Naichbam, besonders von den Franzosen, zu lernen haben, dann wird die Weltans- 
stellung einen so grossen Segen gestiftet haben, dass man ihre vielen Mängel und Schwachen 
recht gerne vergessen und den Männern, die dieselbe doch schliesslich zu Stande gebracht haben,
	        
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