stürzung der Symbolik ein. Schon Durandus hatte zu viel allegorisirt,
und damals waren die Gestalten überschaubar. Was aber die Teufels-
fratzen vom Schloss Tirol, vom Zenoberg, was viele der Gestalten im
ersten Stockwerke des Straßburger Domthurms (14. Jahrh.), was die
Gestalten, die freilich nicht mehr streng der kirchlichen Kunst angehören,
vorn Schachbrette des Herzogs Otto von Kärnten von 1310 oder dem
von Aschaffenburg, oder dem Schachbrettreliquiar im "Welfenschatzeu
bedeuten, ist schwer zu sagen. Das Allegorisiren war so weit herab-
gekommen, dass 1361 Philipp de Vitry 7o.ooo Verse dazu verwendete,
die Metamorphosen des Ovid in christlichem Sinne zu allegorisiren. Da war
freilich der zügellosesten Phantastik, dem Spielen und Prunken mit leicht
erworbener Gelehrsamkeit Thür und Thor eröffnet. Das Ganze hatte sich
deshalb überstürzt, weil der Clerus selber sich von der Kunstübung
zutückzog und dem Laien die Arbeit völlig überließ, höchstens dass manch'
ein Vorsteher noch durch besondere Bestellungen der Phantasie des Bild-
schnitzers oder Steinmetzen eine bestimmte Richtung gab. Der gothische
Stil hatte die Phantastik von den Portalen weggedrängt, dort fanden
Christus und Maria und die Heiligen nunmehr ihren Platz, wo ehemals-
Löwen und Vipern und Centauren ihr Wesen getrieben hatten. Aber
noch gab es dienende Glieder genug, wo die Teufeleien sich festhielten,
und welche weder der Bauherr noch der Architekt bis in's Kleinste con-
trolirten. Sicher hat auf die Wasserspeier von Vincennes so wenig der
Bauherr geachtet, wie es der Geistlichkeit nicht eingefallen ist, die Wasser-
speiergestalten an der Votivkirche zu Wien oder die der neuen St. Blasien-
kirche zu Admont zu controliren. Da fängt aber schon der Volkswitz,
die Satyre, oft auch das Derbe, Komische an.
Die Satyre hatte schon früh bei mancher Teufelsdarstellung ihr Wesen
entfaltet, auch dort, wo es sich beispielsweise um die nSeelenwägungu
beim jüngsten Gericht handelt: St. Michael und der Teufel mühen sich
die Wagschale auf je ihrer Seite hinabzudrücken (Kathedrale zu Aachen).
lm Herzogenburger Codex, den ich oben erwähnt, erscheint der Teufel,
als Bär, eigentlich doch nur als plumper, dummer Teufel. Auch die
Darstellungen der Höllenqualen selbst im Campusanto von Pisa bis zum
Milstädter- und Danzigerbilde enthalten nicht blos jene ernsten Gestalten
wie sie in antiker Zeit Polygnot in der Lesche zu Delphi gemalt und
Dietrich in seinem Werke Nekyia aus der griechischen Volks- und der
orphisch-pythagoreischen Geheimlehre analysirt, sondern daneben auch
satyrische, bitter sarkastische Züge.
Aber den Malern des Mittelalters wie den Steinmetzen und Bild-
schnitzern, das muss gleich im vorhinein betont werden, war es mit diesen
Zügen so bitterer Ernst, wie es dem Dante in seiner Divina Commedia
Ernst gewesen ist bei seiner Beurtheilung, will oft sagen, Verurtheilung
von hohen und höchsten Persönlichkeiten (Kreuser, Kirchenbau ll, 248).
Es ist eben keine Posse, sondern eine bittere Satyre, und mehr als das,