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gelium, als Buchträger dient die Katze W). - Freilich sieht dieses Leichen-
begängniss so aus, wie eine ägyptische Darstellung im British Museum a"),
aber sicher wird Niemand die Verwandtschaft ernst nehmen. So viel ist
wahr, dass weder der alte Aegypter noch der mittelalterliche Steinmetz
im Ernste seine Religion dem Spotte preisgeben wollte, sondern dass die
harmlose Freude an der Satyre, die hinter die Thierfabel sich steckt,
eben im Herzen des Volkes sitzt und selbst durch Frömmigkeit sich
nicht abhalten lässt. Dass die ägyptische Spötterei durch das Mittel der
römischen Kunst bis in's Mittelalter hinein nachgewirkt habe, möchte ich
dem M. Champfleury nicht glauben. Oder hat die Himmelsleiter, von
welcher auch Mönche und Nonnen herabstiegen, auch ihr Vorbild in der
ägyptischen Satyre? Freilich kann man diese Thierfabel weit hinauf in's
Mittelalter verfolgen; besonders S. Zeno in Verona ist daran reich (z. B.
zwei Hähne tragen an Stricken einen todten Fuchs i"), und im Kreuz-
gange von S. Zeno (Reichenhall) ist an einem Fensterstein die Aesopische
Thierfabel nachgebildet, wie der Storch dem Wolf das Bein aus dem
Rachen holt: daneben Kaiser Friedrich der Rothbart. Darstellungen aus
der Thierfabel finden sich auch in unseren Ländern, z. B. an der Apsis
von Schöngrabern.
In Frankreich hat Philipp der Schöne die Fuchs-Procession benutzt,
um im Volke Stimmung zu machen gegen Adel und Clerus; manch' ein
Processionsbild, in welchem Thiere ihre Rollen haben, dürfte auf solche
Schaustellungen zurückzuführen sein. Denn das Volk liebt solche Satyre
sehr; aber selbst die Kirche wich solchen Darstellungen nicht aus und
stellte den Clerikern selber in den Bildern einen Spiegel hin. Ueber
Fuchsbilder, die mit dem Gedichte Reinecke Fuchs zusammenhängen,
spricht Menzel, Symbolik l, 303, und meint, dass gerade in diesen Bil-
dem die Kirche ihre freie Ansicht ausdrücke, dass zwischen den Würden
und Weihen und den Trägern derselben sie selbst zu unterscheiden wisse.
- Neben dem listigen Fuchs erscheint denn auch der Wolf, der ja selbst
(als mit Schafspelz angethan) von Christus den Pharisäern als ihr Bild
entgegengestellt wird, als Prediger (Dorn zu Freiburg i. Br.). Im Kreuz-
gange von S. Salvador zu Oviedo (Anf. des 14. Jahrh.): Wolf wird ge-
hängt, liegt auf der Bahre, ein Hahn läutet die Glocke, ein anderer
Hahn singt das Requiem.
Auch die Romane müssen herhalten. Die Lehre wAlter schützt vor
Thorheit nicht: wird wohl auch durch die Satyre dargestellt, wie Aristo-
teles auf allen Vieren kriecht und Lzfis ihm auf dem Rücken sitzt und ihn
reitet (in Miniaturen gemalt, auf Schmuckkästchen geschnitzt). Dem welt-
") Ueber die Thiermesse siehe Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1857,
Nr. e, S. 37. Ueber die Munzmzovlu bei den alten Griechen siehe Rossbach, Dämonen
der Unterwelr, im Rhein. Museum 1893, S. 599.
") Siehe Champßeury, Histoire de In Cnricature an Moyen-äge. Paris, p. 247.
") Mittheil. der Central-Commission, 1865, S. 134.
Jnhrg. 1893. 35