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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1896 / 2)

Der rubinrothe Glasfluss der feingeschlilfenen Arbeiten ist feurig 
und gewöhnlich scharf umgrenzt. Eine Gruppe, zumeist mit derber be- 
handeltem Schliife, weist einen blassrosafarbigen, manchmal in's Violette 
übergehenden Ton der nicht immer regelmäßigen Spiralen auf. Der Nodus 
ist hiebei zumeist knotenförmig gewunden. Haben wir es mit einer Nachf 
bildung böhmischer Arbeiten oder mit einer Production minderer Gattung, 
billigerer Qualität zu thun? 
Die mit farbigem Glasüuss, insbesondere leuchtendem Rubin ver- 
sehenen Arbeiten wären somit eine Specialität der böhmischen (im engeren 
Sinne) und angrenzenden oberösterreichischen Glashütten. 
Sonst kann man annehmen, dass es zwischen den böhmischen, ins- 
besondere nordbbhmischen und den schlesischen Arbeiten vor der Los- 
trennung Schlesiens von dem Erbe Karl VI. durch Friedrich Il. keine 
großen Unterschiede gab, und dass folgerichtig erst nach diesem geschicht- 
lichen Ereignisse auf dem Gebiete der Glasindustrie sichtliche Unter- 
schiede zum Vorschein kommen. 
Zunächst gelangt das dynastische und politische Moment in der 
Verzierungsweise der GlasgefäBe zum Ausdrucke. Die Bildnisse Friedrich Il., 
Schlachten- und Belagerungsscenen (die Belagerung von Breslau be- 
sonders beliebtl), lnschriften und Wappen kennzeichnen bald den speciüsch 
schlesischen Ursprung. Zur Zeit Karl Vl. tragen die vpatriotischenw 
Gläser die Inschrift: 
vWas Gott und dem Kayser treu", 
welche nun alsbald bei den aus schlesischen Hütten hervorgegangenen 
Gefäßen in ein 
wWas Gott und dem König Ußllu 
umgewandelt wird. Während einige böhmische Erzeugnisse außer dem 
kaiserlichen Adler die Wappen von Böhmen, Mähren und Schlesien tragen 
(Kunstgewerbemuseum, Prag, Nr. 3193, Oesterreichisches Museum, Wien, 
Nr. 2302), kommt nun bei schlesischen Arbeiten der preußische Adler vor. 
ln den Formen und in der Technik ist vorerst kein großer Unter- 
schied bemerkbar, aber alsbald schlägt die schlesische Glasindustrie eine 
vollständig andere Richtung ein als die böhmische, und es entwickelt 
sich zugleich eine Rivalität zwischen beiden. 
Durch die Kriegsereignisse ist die böhmische Glasindustrie schwer 
betrolTen worden. Seit den Vierziger Jahren des 18. Jahrhunderts werden 
immer mehr und mehr Klagen über den eintretenden Verfall hörbar, 
welchem durch verschiedene Maßregeln gesteuert werde sollte. Am öftesten 
wiederholen sich die Klagen, dass geschickte Glasarbeiter nach anderen 
Ländern, Portugal, Schweden, Preußen, Brandenburg, Schlesien, verlockt 
werden. Die Glashändler mehrerer nordböhmischen Herrschaften beklagen 
sich schon 1744, dass die einzige Wahrung und das wbeste Kleinodtc 
dieser Orte, der Glashandel, hinwegfalle, und dass endlich nur das 
schmerzhafte Andenken übrig bleiben werde, vdass in Böhmen das Glas-
	        
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