UL WERBER
K-U-N-S-T
U-N-D
„H-O-B-B-Y"
igleich es auf den ersten Blick müßig er-
nt und auch nicht allzuleicht sein dürfte,
so heterogene Begriffe wie „Kunst" und
ay" in Verbindung zu bringen, soll dies
geschehen, um die vielfältigen. cngver-
ften Beziehungen aufzuzeigen. die zwischen
n wesensverschiedenen Komponenten un-
ielhaft bestehen.
iesem Zwecke müssen wir uns vorerst ein-
Liber möglichst prägnante Definitionen bei-
iegriffe klar werden. Ein gewagtes Unter-
rn, denn gerade populäre Worte des täg-
i Sprachschatzes haben die verflixt u-i-
iehme Eigenschaft, langatmiger Iirkliirun-
und Umschreibungen zu bedürfen, wenn
efiniert werden sollen. Beginnen wir also,
ilehnung an den Titel unserer Zeitschrift.
der Definition des Begriffes „Kunst":
t ist die in vielfältigen Erscheinungsformen
etendc, schöpferische Manifestation des nie
aden Nienschcngcistes. Sie kann primitiv,
erzen gehend. oder erdacht, also den In-
:t ansprechend sein. darf aber nie in Kitsch
"ten, denn Kunst und Kitsch sind klare
nsätzc.
iauspiel, Poesie und Prosa sind Ausdrucks-
en der Kunst der Sprache, wie Malerei
Plastik solche der darstellenden Künste
Eine Sonderstellung in den schönen Kün-
nimmt die Musik ein, die ihre heutige,
ugendc Bedeutung erst mit der Erfindung
Notenschrift durch den Italiener Guido
rzzo (9525-1050) erlangen konnte. Kunst
Handwerk sind eng verwandt. Man spricht
mtlich vom Kunsthandwerk und verbindet
diesem Begriff bestimmte, fest umrissene
xllungen. Das echte Kunstwerk aller
zlerischcn Ausdrucksformen wird zum Er-
s, weil es zum Bewußtsein bringt, es müsse
göttlichen Funken der Begnadung geben,
das Werk oder die Interpretation eines
tlers erst richtig adelt.
in Gutenberg, der Mainzer Patrizierfami-
iensfleisch entstammend, schuf mit seiner
dung der beweglichen, gegossenen Lettern
tuchdruckerkunst, krönte aber sein Lebens-
erst, zu Ehren Gottes, mit dem Druck
iibel. Jagt uns nicht die begnadete Stimme
längst verstorbenen Sängers Caruso mit
metallisch-geschmetterten Tönen und
strahlenden hohen „c" heute noch lihr-
tsschauer ein, wenn wir ihre elektro-
anische Wiedergabe von einer guten Gram-
ionplatte hören? Unsterblich wie die herbe
der Gestalt der Mutter Gottes in Michel-
os „Pietia" ist die dramatische Konzeption
Semäldes „Kreuzabnahme" von Peter Paul
ns, das wohl den größten Schatz der Stadt
erpen darstellt.
1 Praxiteles, ein griechischer Bildhauer, der
50 vor Christi Geburt in Athen wirkte, mit
r Hermesstatue ein Kunstwerk schaffen
te, das die Jahrtausende zu überdauern
ochte und unsere Augen heute noch ent-
:, erkennen wir Genius und Begnadung dar-
;enau so, wie aus dem rätselhaften Lächeln
,Mona Lisa" (La Gioconda) Leonardo da
s. Nur in Parenthese sei hier vermerkt, daß
rinstmalige Diebstahl dieses weltberühmten
twerkes aus dem Pariser Louvre-Museum
Aufsehen erregte, als alle Atombomben-
osioncn zusammen, und das spricht -
glücklicherweise, muß man schon sagen - ge-
nau so für dic international hohe Einschätzung
der Kunst wie gegen die sinnlose Zer-
störungskraft moderner Kriegsmaschinen.
Haben wir uns bisher mit dem Begriff Kunst
auseinandergesetzt, so wollen wir jetzt dem
Fremdwort „h-obby" auf den Leib rücken, das
aus dem Englischen stammt und „Steckenpferd"
bedeutet. Steckenpferde können vielseitig sein
wie die Menschen. die ihnen huldigen. Allen
gemeinsam ist ein sicher atavistischer lIang zu
,.samrncln", für den man sich oft gar keine Re-
chenschaft geben kann, da er nicht anerzogen,
sondern angeboren ist.
Sie kennen doch sicher auch eine alte Dame,
die vorsorglich jedes kleine Stückchen Spagat
- Bindfaden nennt man das jenseits unserer
Grenze - aufhebt, zusammenlegt und eigentlich
nicht weiß, weshalb sie das tut. Sie handelt ge-
nau so unter unbewußtem Zwang wie der hoch-
angesehcne, universell gebildete Bibliophile. der
seiner Büchersammlung beglückt ein altes,
wurmstichiges Werk in, sagen wir, gälischer
Sprache einverleibt, das er weder lesen noch
verstehen kann.
Ob einer Käfer oder Schmetterlinge, Knöpfe,
alte Waffen oder Ritterrüstungen, Bilder. Bü-
cher odcr Briefmarken sammelt, ob seine Sam-
melleidcnschaft Bierglasuntertellern oder Zünd-
holzschachteletiketten. Gemälden, Münzen, Sti-
chen, Nippesfiguren oder altem Porzellan gilt,
ob sein Sammeltrieb ihn veranlaßt, Original-
partiluren berühmter Kompositionen oder Auto-
gramme aller möglichen Persönlichkeiten anzu-
häufen, ist unwesentlich. Sein „hobby" ist nun
mal gerade dieses Gebiet, das er erkoren hat
und kein anderes.
Natürlich spielen hier ideelle wie materielle
Gründe mit. Man kann verstehen, daß ein Fürst
Liechtenstein mit seinem immensen Reichtum
Gemälde sammeln konnte, während die Dich-
tcrin Marie von Ebner-Eschenbach mit alten
Uhren vorlieb nehmen mußte. Es ist sicher sehr
anregend, köstlich geschliffene, gläserne Freunde
schaftsbecher in die Sammelvitrine zu stellen,
aber auch die mitunter bclächelten Briefmarken
haben ihren großen Reiz. Und gerade letztere
sind es, die uns die Möglichkeit geben, den
engen Zusammenhang zwischen Kunst und
„hobby" unter Beweis zu stellen.
KUNST IM „HOBBY"
Es blieb der kleinen Briefmarke vorbehalten.
die vor genau 116 Jahren vom Engländer ROW-
land Hill anläßlich der Portoregulierung am
G. Mai 1840 in Großbritannien eingeführt wurde
und von dort aus ihren Siegeszug über die
ganze Erde antrat, uns Nachfahren die Mög-
lichkeit zu geben, Kunst im „hobby" zu ge-
nießen. Denn knapp nach dem Aufkommen der
ersten Briefmarken erlebten diese bunten, auf-
klebbaren Papierstückchen, daß ihnen zahlreiche
„Sammler" eifrig nachjagten und sie zu „Samm-
lungen" zu vereinigen trachteten. Im Laufe der
der Zeit wandelte sich nicht nur dlS Aussehen
des Postwertzeichens als kleingraphisches Kunst-
werk, sondern auch die Sammelmethode, da es
mit dem Anwachsen der Bricfmarkenemissionen
immer unwahrscheinlicher wurde, jemals „kom-
plett" werden zu können.
Ileutzutagc hat die kleine Briefmarke bereits
die Bedeutung erlangt, international als Visiten-
karte für den Kulturzustand ihres Herkunfts-
landes zu gelten. Daß diese „Visitenkarten" in-
folge ihres postalischen Zweckes auf Post-
stücken in die ganze Welt gelangen, macht ihren
hohen Propagandawert offenkundig und läßt
uns ohne weiteres verstehen, daß die Postver-
waltungen der verschiedenen Staaten förmlich
darin wetteifern, immer neue Beweise von Kul-
tur und Kunst in Briefmarkcnform zu geben.
Daß dabei auf künstlerisches Aussehen der Post-
wertzeichen selbst Wert gelegt wird, die viel-
fach richtigc kleingraphische Kunstwerke sind,
versteht sich. Talentierte Maler und fähige Ste-
cher werden in hochd-otierten Wettbewerben er-
mittelt, künstlerisch wertvolle Briefmarken zu
schaffen. Komplizierte Maschinen aller Druck-
verfahren, oft auch kombiniert, werden zur
Briefmarkenherstellung benützt und man ist
überall bestrebt, das fertige Postwertzeichen
möglichst ansprechend zu präsentieren.
Zum Beweis der Behauptung, in Briefmarken
spiegle sich die ganze Welt, braucht man nur
das Album eines Sammlers aufzuschlagen. Re-
gieningsform, politische Geschehnisse, Erfin-
dungen, kulturelle Errungenschaften, Natur-
katastrophen werden auf Postwertzeichen dar-
gestellt oder symbolisiert. So wie wir Poten-
taten, Staatsmännern oder berühmten Wissen-
schaftlern auf Briefmarkenbildern begegnen,
finden wir auch darunter Künstlerporträts oder
die Abbildungen von Meisterwerken aller schö-
nen Künste.
Dies allein müßte uns nachdenklich stimmen,
denn hier haben wir den konkreten Zusammen-
hang zwischen Kunst und „hobby", zumal ja
das Briefmarkensammeln heutzutage internatio-
nal so populär geworden ist, daß keine Marke
mehr in den Papierkorb wandert. In den Ver-
einigten Staaten gibt es mehr als 20 Millionen
Briefmarkensammler. Aus dem dichtbevölker-
ten Japan werden ähnliche Riesenziffern ge-
meldet, in Frankreich, Großbritannien, Deutsch-
land, Italien und Österreich, ja selbst hinter den
imaginären „eisernen Vorhängen", in der So-
wjetunion und in den Satellitenstaaten gibt es
überraschend viele Sammler. Man sammelt nach
persönlichem Geschmack und Laune, nach Vor-
liebe für bestimmte Gebiete oder Themen und
- last, but not least - nach dem eigenen
Geldbeutel.
Denn auch dieser ist mitbestimmend beim Sam-
meln, seit die kleine Briefmarke -- international
gesehen - stabile Marktpreise aufweisen kann
und sogar zu Arbitragen Anreiz bietet. Wenn
wir hören, daß eine einzige britisch-amerikani-
sche Postwertzeichen-Auktionsfirma, Ii. R. Har-
mer, London-New York, von den Erben der be-
rühmten Caspary-Sammlung ermächtigt wurde,
dieses große Objekt unter den IIammer zu brin-
gen, wozu zwei Jahre Zeit und 16 Versteige-
rungen erforderlich sind, wundern wir uns
kaum, daß als Gesamterlös die horrende Summe
von 70,000.000 Schilling angenommen wird.
Allerdings geht uns dabei ein Licht auf, daß
die „Briefmarken-Branche" auch eine nicht ge-
ring zu schätzende, volkswirtschaftliche Bedeu-
tung besitzt.
Eine Reihe weiterer Beiträge aus gleicher Feder
werden in den nächsten Nummern unseres Blat-
tes erscheinen und systematisch die engen und
interessanten Zusammenhänge vieler Kunstarten
mit Postwertzeichen aufzeigen. Denn die bunte
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