das sich in der ungarischen Stadtkirchc von Sümcgg befindet.
Der geniale österreichische I ant gibt die exttttischc Gewalt
seiner Deckengemälde nicht pr s. Auf dem strahlend hellen
Mantel Mariens ist das kleine (lhristuskind gcbrcitct. Das über-
irdische Licht das in der himmlischen Erscheinung des Engels
ebenso wie im Antlitz der stattnendcn Hirten leuchtet, ist das
geistige Zentrum des Gemäldes. Alles Irdische, das Milieu des
Stalles, Ochse und Esel, di: hitucrlichen Hirten, die mit ihren
primitiven Geschenken gekommen sind, haben im Vergleich dazu
einen grotesken Zug. Ein echt barocker Kontrast steht der lyri-
schen Einheit des Andachtsbildes entgegen.
Ein neues stimmungsvolles Verhältnis zum inhaltlichen (JcscheA
hen hatte unter den österrcic sehen Barockmalttrn erst Daniel
Gran angebahnt. Er verzichtete, wie es die dramatische Rohr-
federskizze und das ausgeführte Bild mit allcr Deutlichkeit im
Vergleich zeigen, auf den Effekt. Er strebte nach klarer bildhaf-
tcr Umsetzung und gab durch die Harmonie der musikalischen
Farbstimmung seinen Szencnfolgen ein feines künstlerisches Le-
ben. Als ein besonders schöner 7.ykl ' dieser Art seien die drei
Bildet: aus Ovids Nletamorphnsc im Festsaal d.'s Schlosses Fridau
zu nennen. Freilich wandte sich der große kaiserliche Hofmalcr,
der mythologische, religiöse und historische Stoffe wählte, sel-
tcn einfachen, volkstümlichen Themen zu: dies war Nlartin Jo-
hann Schmidt vorbehalten.
Obwohl sich die frühen Andachtsbilder KFCITISCI" Schmidts von
der Auffassung seines verehrten Lehrmeisters Daniel Gran ab-
leiten lassen, sind sie Ausdruck einer allgemein zu beobachten-
den Gesinnung. Vor allem die genremäfligen Szenen vom
„'l'raum Josefs" und der ,.Flucht nach Ägypten" geben Anlaß,
an die letzten Bilder Giovanni Battista Tiepolos zu erinnern,
Kurz vor seinem Tod malte - große Italiener zwei voneinander
verschiedene Fassungen dcr l ucht nach Ägypten. Die kleinen
Lcinsvandbildchen zeigen die Szene inmitten einer dramatischen,
nahezu tragischen Landschaft, dic das menschliche CiCSt'l!t'l1Cn
in seiner Ohnmacht fühlen lätlt. Das zweite Bild zeigt die Flucht
der heiligen Familie in einem von Engeln geführten Boot. Es hat
eine schlichte lnnigkeit des llmpfindcns, die dem Thema etwas
von dem Zauber einer märchenhaften Erzählung verleiht. Daß
Tiepolo gerade diese Szene besonders liebte, beweisen die vielen
Zeichnungen, die zwar untereinander verschieden sind, aber in
ihrem innersten Empfinden mit den beiden nun in Lissabon vcr-
wahrten Bild:rn in eine Reihe gehören. Der barocke Prunk der
(ieburts- und Anbetungsszcnen hat einer persönlichen, volkstüm-
M. J. Schmidt, Anbetung der
Hirten. Ol auf Leinwand,
1790. Wfchselbild für den
Hochaltar St. Ostvald bei
Oberzciring (Steiermark).
liehen Note Platz gemacht. Es ist vielleicht kein Zufall, daß diese
läiltJt-i- in Spanien entstanden sind,in dem Land. in dem lylurillo das
Andaclitsbild eincrkünstlerisehen Vollendung zuführt; man denke
an die lmmaculatadarstcllungen,an seine heilige liamilic im Prado,
die entfernt an Kremsei" Schmidts Aufforderung zur Flucht er-
innert, und an seine Wcihnachtsbiltlcr. Domenico Tiepolo gab
übrigens - und das soll gleichfalls in diesem Zusammenhang
Erwähnung finden - 1753 einen Zyklus von 27 Radierungen
unter dem Titel „ldee pittoreschc sopra la liuga in Egittc"
heraus.
Vierzehn Jahre später malte Krcmscr Schmidt über Auftrag sei-
nes (iiänncrs Pater Josef Schaukcgel im Stift Seitenstetten die
kostbaren kleinen Kupferbildci" „'l'r.tum des hl. Josef" und die
„Flucht nach Ägypten". ln ihrer (jrundstimmting sind die bci-
den reizvollen XVcrkc den Gemälden des ltalie -rs verwandt, in
der Art der Erzählung aber gebsn sie der heimischen Art lie-
bcnstvürdigstcn Aus-Lbuck. Der 'l'raum des hl. Josef ist ganz
in eine zarte atmospl ische Lichtstintmung getaucht. Schlafcnd
ruht der hl. Josef, von seinem Zimmcrmannswerkzeug um-
geben, auf einer groben hölzernen Bank. Da senkt sich zu ihm,
von feinstem dämmrigen Licht umflossen, ein Engel herab, der
ihm den Befehl zur lilucht gibt und auf die heilige Maria vere
weist, die schlafend das Kind im Körbchen behütet; die Öllampc
mit dem schattenspcndendcn Schirm verbreitet einen milden rüt-
lichcn Schein Jede einzelne der liebevollen Beobachtungen ist
der heimischen Welt entnommeni Das Geschehen wird dadurch
dem Beschauer menschlich nahe gebracht, es spricht sein Emp-
finden an und versenkt ihn in eine andachtsvolle Stimmung.
Reiche." im lnhalt ist die „Flucht nach Ägypten", die als Gegen-
stück im gleichen Jahr entstand. Mit einer schaurigen Darstel-
lung führt uns Krcmser Schmidt mitten in die Dramatik des
Themas. Rechts im Vordergrund liegen die Leichen der ermorde-
ten Kinder von Bethlehem. Die (iestc Josefs hebt dieses Bild-
elcmcnt noel. mehr hervor. Darüber aber ist ein tröstliches Sym-
bol zu sehcn: auf hohem Podest zerbricht ein hcidnisches Götzen-
bild, die neue Religion der Licbc tritt in die Welt. Während die
hl. Maria ihren Blick noch den grausam ermordeten Kindern
zuwcndct, umschwcbcn kleine Himmelsboten das sicher in ihrem
Arm geborgenc Kind. Ein großer Lngcl führt das hlaultier durch
die Nacht, einem goldigen hellen Schein entgegen.
liin solches zartes Versenken macht es verständlich, daß auch
die Geburt Christi, das zentrale Thema der Wcihnachtsdarstel-
lungcit vor. derselben innigen menschlichen Teilnahme verklärt