Abb. 3: Kulunnz der
Dschinne.
„Zwischvnwcscn" der Ghule und
Abb. 4: Kuhischcn" 'I'nn'1., dcsacn Verwanduchaf
dem amikcn Mimus deutlich ist.
mit
sischen Malern häufig wiedergegebenen Polospieles. Fast scheint
es, als 0b diese Kategorie eines Tages, etwa auf Wunsch eines
pololiebenden Prinzen, der Sammlung entnommen wurde und
verlorenging.
Neben der Jagd ist der Tanz eine teils kultisch, teils national
betonte Entspannungsübung des primitiven Menschen (Abb. 3).
Für die Darstellung der von ihm gefürchteten und doch popu-
lären Zwischenwesen der Ghule und Dschinnc sorgten die Ent-
würfe für die Figuren des Schattentheaters, des Karagös. Die
Darstellung seiner typischen Bühnenfiguren durch einen bisher
unbekannten Künstler namens Mehmet Siyäh Kalem, d. i. „Meh-
met der Schwarzpinsel", der im Album mit zahlreichen Ent-
Würfen für die typischen Figuren de. Schattcntheatcrs auch auf
der Bühne der Kunstgeschichte erscheint, ist eine der bedeut-
samsten Enthüllungen, die uns die Erschließung der Fatih-Alben
gebracht hat. Professor Ipsir Oglu hat ihn in seiner Studie
sozusagen aus der Taufe gehoben und voll gewürdigt.
Das türkische Karagös ist ein Sehattentheater, in dem die
Schatten von Figuren, aus getrockneten Häuten ausgeschnitten,
auf eine durch Kerzenlicht beleuchtete. in Rahmen gespannte
Leinwand geworfen werden. Zur Aufführung gelangen drama-
tisierte Volkserzählungen und mit Raufereicn verbundene
Späße, in welchen zwei Protagonisten, Hadschiward, ein
feingebildeter Herr, und Karagös, ein derber Zigeuner, eine
Art von dummer August, die Hauptrolle spielen. Auch zwei
Musikanten gehören zum Ensemble, das von Stadt zu Stadt zieht
(Abb. 4, 5). Seine Verwandtschaft mit dem antiken Mimus wird
hervorgehoben, sein Ursprung in Persien, von Jakob in
Ostasien gesucht. In vielen Städten Asiens lebt es bis heute, in
Peking hatte ich Gelegenheit, es zu sehen. Der drastische, aber
meisterhafte Stil Siytih Kalems, die reihenmäßige Anordnung
der Figuren, die mittels Stäben von einem Akteur dirigiert wer-
den, die schwärzliche und braune Färbung der Figuren ergibt
sich aus dem Zweck, dem sie dienen. Bewundernswert ziber in
ihrer Meisterschaft ist die expressionistische Kraft dieses Künst-
lers, dessen wirklicher Name durch die Volksbenennung vere
deckt ist. Seine Figuren erinnern an Hieronymus Bosch, Pieter
Breughcl und Georges Rouault, mit dem er die Intensität und
Gewalt des Pinsels und des Ausdrucks gemeinsam hat, aber auch
die [lhertreibungen und Verzerrungen der Formen, Stilmerk-
male des Expressionismus, der hier zur Erzielung der Illusion
mehr als irgendwo gerechtfertigt war (Abb. 6).
Die augenfällige Verwandtschaft in der Drastik der Figurendar-
stellung und dem archaisierenden Faltenwurf mit den Buch-
malereien der sogenannten Bagdadschule des 13. bis 14. jahr-
hunderts Weist uns den Weg zum Ursprung des Siyäh Kalem-
Stiles. Darstellungen, wie die Zimmermannswerkstätte, das
Glockenspiel und das Feuerrad, erinnern an die Vorliebe für
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