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Auf seinem Rücken gewahren wir herrliche Wiesen und Weiden, mehrere Alpenwirth-
schaften, große und kleine Heuschober, umfriedete Plätze und weit im Kreise weidende
Schafe und Ziegen, von großen Hunden beschützt. Die Hirten erscheinen in malerischer
Tracht, in grobleinenen Gewändern, breiten Ledergürteln und hohen, spitzen Wollmützen
aus selbstverfertigtem Loden. Die Rundsicht ans mehrere Bergriesen, wie Ouszor Askutzit,
Dorna Szara, auf das Kuhhorn in Siebenbürgen und die Czarnahora in Galizien, welche
beide letzteren häufig trotz des Hochsommers winterliche Gewänder tragen, ist wunderbar.
Die Fortsetzung unserer Wanderung gilt jetzt dem Mineralbad Dorna-Watra,
welches am Fuße des Bernarel (1324 Meter) gelegen, das Flußthal gleichen Namens
beherrscht. Hier fließt die Dorna, die den Siebenbürgischen Karpathen entströmt, in die
Goldene Bistritza und eilt mit dieser einige Kilometer ostwärts, bis sie am Fuße des
Berges Kretz (1443 Meter) nach Rumänien tritt. Der Ort hat eine freundliche Lage,
besitzt mehrere Sauerquellen, zwei Badehäuser und zur Aufnahme von Curgästen eine
Anzahl bequemer Wohngebäude. Dorna liegt 789 Meter über dem Meere, der Bernarel in
seiner nächsten Nähe erhebt sich aus der Thalsohle 535 Meter. Von seiner Spitze genießt
man eine romantische Fernsicht über die Gura Niagra und mehrere in Rumänien befindliche
Bergkolosse, nimmt den Abstieg auf seiner Ostseite und gelangt so wieder in das Thal der
Goldenen Bistritza. Um uns jedoch länger an dieser herrlichen Gebirgslandschaft zu
erfreuen, besteigen wir ein Saumroß, ein kleines, aber überaus kräftiges Huzulenpferd, um
am linken Ufer der Goldenen Bistritza abwärts zu wandern. Die Goldene Bistritza und
eine Reihe herrlicher Berge in Rumänien rechts, eine Reihe kahler, unbewaldeter Höhen
links begleiten uns. Haben wir die kleine aus etwa zwanzig Wohnhäusern bestehende
Ortschaft Kalinestie Passirt, so zwingt uns die zunehmende Enge des Thales das Flußufer
zu verlassen, um über Stock und Stein am Rande des südlichen Dzumaleufußes zu
wandern. So erreichen wir endlich das Thal des Kolbubaches, und stehen vor einer
Klamm! Wandartig erheben sich die mächtigen Kalkfelsen, sonderbare Gestalten und
Formen bildend. Wie wenn sie den Zweck hätten, Hüter des Flusses und seines wild
romantischen Thales zu sein, verwehren sie jedem Eindringling buchstäblich den Weiter
marsch. Dieser läßt sich nur dadurch bewerkstelligen, daß wir ihre Höhen mühevoll erklimmen
und auf zickzackförmigen Waldwegen weiter wandern. Die Rast einiger Minuten gibt uns
Gelegenheit, diesen Schauplatz Pittoresker Steingebilde zu betrachten, um dann unseren
Aufstieg auf die höchste Bergspitze des Landes, den Dzumaleu (1859 Meter), zu beginnen.
Tief in den Gründen rauscht der Kolbubach; anfangs linker Hand können wir ihn nicht
gefahrlos überschreiten, bis wir den bisherigen Waldweg, der aus den Szolbog (1425 Meter)
führt, verlassen und einen anderen Weg links einschlagen. Noch wandeln wir durch Wald
und Aue, aber diese verlassen uns immer mehr und wir werden stets deutlicher gewahr.