IMPRESEN
KAISER
MAXIMILIANS I.
V o
KONRAD AU]
ER-ANACKER
Der Zeit, in die Maximilian hineingcboren wurde, fehlte sowohl
Instrument als Neigung, den Anteil an „Gotik" und „Renais-
sance" zu messen, und sic hatte doch die Fähigkeit, noch beider
Gehalt: gleichzeitig zu leben. Über allen hing ein Himmel, des-
sen Stern: weder den Astronomcn noch den Astrologen in aus-
schließlicher Dienstbarkeit xustanden. Wenn man glaubt, in dem
Albrecht Dürer, Holzschnitt aus der Ehrenpforte, fol.18.
Maximilians Stammbaum.
wie", Alhettlnu
uomo universale den Helden der neuen Zeit, den Prototyp des
Humanismus zu sehen, so unterscheiden sich die Helden der
Ritterzeit nur um das Wenige, was man an Ehrfurcht seither
verloren hatte. Die Künste waren für das Leben schlechthin tä-
tig und ars mcchanica ging im Gespann mit ars liberalis ein-
trächtig nebeneinander, vom gleichen Joch gedrückt. Der uralte
Widerstreit von Bild zu Wlort wurde durch Maximilians Vater
- sein Kanzler war Enea Silvio de' Piccolomini gewesen -
so Zugunsten des Wortes entschieden, daß dem Bild der Boden
entzogen war. Die Formulierung, ausschließlich innerhalb der
Sprachelcmentc AEIOV, als Imprcsc, war einmalig und fand
nur zögcrnde Nachahmung am llofc Portugals, der lsabella,
d'Este und der Medici. Aber auch die so stark mit Kultur gesät-
tigte Atmosphäre des burgundischen Hofes, der Maximilian in
hohem Grad verfiel, war insofernc bilderunlustig, als Karl der
Kühne für sich, auller der Abbrcviatur der Insignien des Vlies-
Ordens, keines Bildsymbols bedurfte. Wer die Stile der beiden
Chronisten läurgunds vergleicht, bemerkt, daß Oliver de La
Marche in seiner Treue zum landesfürstlichen Haus auch die
Treue zur Ancicnnität bewahrt, indes Philipp de Comines jencr
Analyt ' zuneigt, in der das Formale dem politisch Aktuellen
zu weichen hat, eigentlich konform seinem Fürsten, dem er die
Treue bricht. Ganz seiner Devise HALT MAS verpflichtet,
verlangt Maximilian vom Leser des Wcißkunigs „mit mund und
augen mag verstehen", in einer Epoche, von der jcan Paul
spricht, daß Logik und Magie wie Tropus und Metapher „auf
einem Stamm geimpfet blühten".
Der Griff, den Maximilian in den Bildervorrat der Zeit tut -
er, der in vielen Sprachen sich auszudrücken gelernt hat, in einer
polyglottia, die dem Gesamthaus eigen ist - fördert das Schick-
salsrad zutage, das seine lmprcse wird. Unter diesem Zeichen
erlernt er auch die Sprache der Sterne, wie uns ein Holzschnitt
des Weißkunigs zeigt, jener Sterne, unter deren Zwietracht sein
ganzes Leben litt und nach Meinung seines Arztes, auch sein
unerwarteter Tod eintritt. Das Schicksalsrad, von dem er ltofftc,
es sei sein Glücksrad, wird von Merkur in der Hand gehalten,
von der sonst das Kerykeion umfaßt wird, während Mars, in
Konjunktion mit ihm, den Bogen auf ihn zielt. An der Lauf-
fläche des Rades und dem äußeren Speichenkranz sind die Gc-
stalten gebunden, die den Wechsel von Tiefstand, Erhebung und
liall mitzumachen haben, wie es Fortuna beliebt oder jener
Macht, die an der Kurbel zu drehen versteht. Mit diesem Symbol
als Helmzier kämpft Maximilian mit seinem Turniermeister im
Deutschen Gcstcch, wie unser Blatt aus dem Freydal sehen fällt.
Dieses Sinnbild an der Brust, sprengt Theuerdank mit seinem
Begleiter in das Ungefähr kommender Abenteuer. Frei von der
Last figuraler Besetzung hält der Jäger in der Ehrenpforte die-
ses Rad, von einer Krone überhöht, gegen den Himmel, um es
sichtbar zu machen, obwohl nur Wild in den Schluchten iist.
Wenn wir für die modi der Gestaltung als auch der Sinngebung
das Ccfiille dcr Zeit in Anspruch nehmen, so folgt dem Glücks-
rad des Weißkunigs und Theuerdanks mit seiner Menschen-
fracht die Läuterung und Krönung des Rades in der Ehrenpforte,
um seinen Endtypus in der Genealogie zu finden. Im Hinter-
grund dieser Prägung wirkt das Schmerzensrad der hl. Katha-
rina, die es in voller Form nicht den Pilgern von Famagusta oder