gewölbe bildeten das reizvolle Gemisch alter und neuer
Kunst, wie es Ferdinand besonders liebte. In dieser
Hofburg plante er zwei Repräscntationsräume: den
großen Saal und die Paradeisstube, deren Einrichtung in
einer zwanzigjiihrigen, vom König in jedem Detail ge-
nau überprüften Planung Wirklichkeit wurde. Diese
Ausstattung zieht sich von den ersten noch ganz deut-
schen Projekten bis zur endgültigen Gestaltung im Sinne
der italienischen Hochrenaissance hin. Die ersten Ent-
würfe sahen im großen Saal eine schwere Kasscttendecke
mit den geschnitzten Wappen des Kaisers, des Königs
und Österreichs, den Titeln, den 32 Länderwappen, 18
Angesichten und llauptharnischen und 52 „erhebten"
Rosen vor, während die Paradeisstube eine gewölbte
Decke mit Rippen aus Holz, drei großen und vierzig
kleinen Wappen, Planetenzeichen und Kopfkonsolen er-
halten sollte, bemalt in den Farben Blau und Gold. Das
Getäfel, eingelegt aus Esche, Ahorn, Olbaum, liiche und
Erle wäre cin Prachtwerk der I n t a r s i e n k u n s t ge-
worden. Auch die Marmorportale hätten den Renais-
sanceschmuek mit Säulen, Kapitälen, Laubwcrk, Del-
phinen, Figuren und den kaiserlichen Wappen gezeigt.
Zwischen Getäfel und Decke sollte die Malerei mit der
Darstellung des Paradieses (Adam und Eva, Tiere, Vö-
gel) und den dazugehörigen Reimen zum Zuge kommen.
Die Innsbrucker: Bildhauer Veit Arnberger, Tischler
jörg von Werdt und Maler Schel und Dax traten in
erbitterte Konkurrenz zu dem berühmten, von den Fug-
gern empfohlenen Augsburger Dreigespann: Christof
Amberger (Maler), Hans Kels (Bildhauer) und Heinrich
Kron (Tischler) und zu Hans Muelich von München.
llans Kels hatte für Ferdinand 1537 das prachtvolle Spiel-
brett geschnitzt, wohl das bedeutendste Kleinkunstwcrk
der deutschen Frührenaissance, das heute im Kunsthi-
storischen Museum in Wien ausgestellt ist. Kriege ver-
hinderten aber die für 1548 geplante Ausführung der
Getäfel, die der deutschen Kunst eine der prachtvollsten
Renaissanceausstattungen geschenkt hätte. 1S60f61 kam
dieses Werk endlich zustande, aber es war bescheidener
und trug den Charakter der neuen Hochrenaissance: Die
Tischlerarbeit führten Hans Gartner und Jörg von Werdt,
die Schnitzereien Noe Lechner und die Paradiesgemälde
Domenico da Pozzo von Mailand aus, der noch die
Schlachten und Taten Maximilian I. und Karl V. in Bil-
dern verewigte. Immerhin fanden die Arbeiten das Ge-
fallen des Kaisers, der Gartncr und Pozzo an den Prager
llof rief.
Das andere Lebensanliegen Ferdinands war die nach
Testament und Pietät übernommene Verpflichtung zur
Schaffung eines Grabmals für Kaiser Maxi-
m i l i a n. Maximilian hatte schon 1502 seine große „Ge-
diichtnus" in den Grundzügen festgelegt: 40 Überlebens-
große Bronzestatuen der Ahnen des Hauses Habsburg
sollten als Totengeleit das Ilochgrab des Kaisers flankie-
ren, 100 Statuetten der Sippenheiligen die Verbunden-
heit des Hauses mit der christlichen Welt dokumentieren
und 34 Brustbilder der römischen Kaiser die Herleitung
des Herrschaftsanspruches aus der Antike bekräftigen.
Mit diesem von den Humanisten ausgearbeiteten Plan
des Kaisers hatte die Renaissance ihren Einzug gehalten,
aber die Ausführung war in den Anfängen steckenge-
blieben. Als Ferdinand die Regierung übernahm, waren
erst 21 Kaiscrbüstcn (von Lorenz Sartor von Augsburg).
23 Sippenheilige (von Stefan Godl) und 10 Statuen (von
Gilg Sesselschreiber und Peter Vischer) fertig. Er ließ
zwischen 1519 und 1532 siebzehn große Statuen gießen.
Im Modellierer Leonhard Magt und dem aus Nürnberg
zugewanderten Gielier Stefan Godl fand er zwei Meister,
die die Erinnerung an die letzte Gotik mit der realisti-
schen Krait der Renaissance zu großen Kunstwerken zu
verschmelzen verstanden, die wie kaum irgendwo in
deutschen Landen das bodenständig Deutsche im neuen
Kleid vertreten.
Zwanzig Jahre standen die Figuren im Bilderhaus zu
Mühlau, bis Ferdinand nach der Festigung der politi-
schen Lage diesem Grabmal durch Erbauung der Hof-
ki rc h e zum Heiligen Kreuz eine endgültige Heimstatt
in Innsbruck gab. 1553-1558 wurde die Kirche nach
dem Vorbild der Augsburger Heiligkreuzkirche vom
Innsbrucker Nikolaus Türing erbaut und nach dessen
Tod von Marx della Bolla von Como gewölbt. Wieder
wurde es ein Werk, in dem sich deutsche Gotik (Strebe--
pleiler, Mnßwerkfenster, Rippengewölbe) und italienische
Renaissance (Portalvorhalle, Kapitellc) harmonisch ver-
einen. Im Bewußtscin, daß seine Lebensjahre nur mehr
gezählt waren, trieb der Kaiser die Ausstattung der
Kirche rastlos voran. Den Hochaltar mit der Kreuzigung
Christi schulen nach einer Umfrage bei den besten
Künstlern Deutschlands der Bildhauer Kaspar Leschen-
brand von Ulm und der Tischler Hans Walch von Min-
delheim (1556); der Fürstenchor, ein Meisterwerk deut-
scher Intarsicnkunst, stammt von Hans Waldner von
Ravensburg, die große Orgel mit dem prachtvoll ge-
schnitzten Kaiseradler ist vom Orgelmeister jörg Ebert
4 Das Schweizertor der Wiener Hofburg, 1552.
5 Ferdinand I., Bronzedenkmal zum Ausbau der Fernpaßstraßc
in Tirol, 1543. Modell Veit Arnberger, Guß königliche Guß-
hütle Mühlau, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.
ß Küriss König Ferdinand I. von Jörg Seuscnhofer, 1537, Wien,
Wuffensammlung.
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