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in jenem „Sacre Napoleons, der Kaiser-
krönung, um den 2. Dezember 1804, dessen
Zeremoniell und Kostümbild er zu schaffen
berufen war.
Doch eine neue Krise war unvermeidlich
als sich Napoleon von Josephine trennte, war
Isabey doch ihr Vertrauter, ihr Protege.
Wieder ein Zufall, nämlich die echte Ambition
der jungen österreichischen Erzherzogin für
die Kunst, ihr Talent zum Zeichnen und
Malen - sie hatte schon durch mehrere Jahre
in Wien Matthäus Loder als ihren Lehrer
beschäftigt - brachte eine neue Festigung
der Position Isabeys. Um so mehr als Marie
Louise keine Neigung zum Unterricht Prud-
hons, zur Ölmalerei überhaupt, fand und bald
den charmanten, geistreichen Miniaturisten
vorzog. Er hatte verstanden, mit dem ersten
meisterhaften Porträt und der Sepiazeichnung
„Arrivee de Marie-Louise a Compiegne", die
eines seiner Hauptwerke wurde, die Neigung
der Kaiserin völlig zu gewinnen.
Eines Morgens, zu Beginn der täglichen Zei-
cherilektion, zeigte der Künstler der Kaiserin
ein Collier mit den Porträts Joachim Murats
und seiner Familie in Neapel, das er soeben
fertiggestellt hatte. Marie Louise entzückte
sich eben, als Napoleon eintrat. Sie bittet um
ebensolche Porträts ihrer Familie. Sofort
ordnet der Kaiser an, daß Isabey solche her-
stelle und zu diesem Zweck an der Reise nach
Prag und Dresden - man stand eben vor
großen historischen Ereignissen - teilzu-
nehmen habe. Sowohl in Dresden (ab 16. Mai
1812) als auch in Prag (ab 5. Juni) folgten
Feste und Veranstaltungen, doch inmitten des
anbrechenden Rußlandfeldzuges (ab 23. Juni)
konnte Isabey seine Aufgabe nicht annähernd
erfüllen. So mußte er Marie Louise unver-
richteter Dinge wieder nach St. Cloud zurück-
begleiten. Zahlreiche Bekanntschaften und
Verbindungen, wie die mit dem Prinzen de
Ligne, der ihm das bekannt gewordene Gedicht
widmete, in dem es heißt „Du pretnier grand
homme en peinture, Je dirai qu'Isabey, rival
de la nature . . .", blieben der wesentliche
Gewinn. Im Herbst des Jahres trat er daher
die zweite Reise nach Wien an. Er schreibt am
9. September 1812 seinem Freund Redoute
„de partir pour Vienne, ce qui sera dans
huit jours . . .". Hier angekommen gilt sein
erster Besuch Kaiser Franz I., dessen schlichtes
Wesen ihm tiefen Eindruck macht. Er wohnt
in Laxenburg, dann in Baden, um schließlich
in Wien die Erzherzoge aufzusuchen. Hier
nun kommt es zu jener Sitzung bei Erzherzog
Karl, deren Ergebnis wohl das Hauptwerk
seiner Porträtkunst überhaupt werden sollte.
Wir kennen die Schilderung von Isabeys
eigener Hand:
„ . . . Da ich drei lKIänner des Krieges zu malen
hatte, sollte ich dem berühmtesten General den
am meisten martialischen Ausdruck vorbehalten,
das war zweifellos Prinz Carl, der selbst von
Napolcon so gerühmte Held. Unglücklicherweise
erschien er als Letzter; völlig in meine Arbeit
versunken, hatte ich dem Erzherzog Palatin die
stolze llaltung eines ungarischen Ilusaren gegeben,
dem Erzherzog Rainer, den man einen Mann aus
Erz nannte, die strenge Miene des Befehlendcn;
derart jedenfalls, daß meine Verlegenheit groß
wurde, als ich dem Prinzen Carl begegnete. Ich
14
fand in seinem Äußeren meine Erwartungen
schwer enttäuscht und nichts was meine Be-
geisterung erweckt hätte. Er war ein kleiner Mann
von sanftem und bescheidenen Aussehen, der
über die Schönheit scincr Tulpen mit dem Eifer
eines Bürgers von Amsterdam sprach. Ich vcr-
traute meine Enttäuschung dem Adjutanten,
einem Obersten R., der sich selbst etwas mit
Malerei befaßtc, an. Er versprach mir zu hclfcn,
nicht allerdings wie. In der ersten Sitzung nun,
in dem Augenblick als mein Modell vor mir
Platz genommen hatte, begann plötzlich vor den
Fenstern eine Regimentsmusik Militärmärschc zu
spielen; dies erweckte alle Gefühle meines Helden
derart, daß er sich aufrichtete und sein Auge
begann zu blitzen wie bei einem Schlachtroß,
das die Trompeten hört. Er war plötzlich wahr-
haftig schön. Ich erkannte nun erst dicscn Mann
richtig, aber auch dic Schwierigkeit an die Größe
meines Gegenstandes hcranzureichcn. Doch nun
war mein Interesse an meinem Vodell derart
geworden, daß das Resultat meinem Pinsel alle
Ehre machte . . ." (Abb. 4, 1. Miniatur)
Die 16 Porträts stellen vom ältesten Familien-
mitglied und dem letzten der Generation
Kaiser Josephs, dem 74jährigen Herzog Albert
ausgehend, Vater, Stiefmutter, die acht Onkel
und fünf Geschwister dar. Als einziger fehlt
Erzherzog Franz Karl, Vater des späteren
Kaisers Franz Joseph. Da die Serie jedoch
schon im Herbstsalon 1812 in Paris mit
16 Stücken ausgestellt war - Marie Louise
sah sie hier mit Begeisterung zum erstenmalg,
scheint dieses eine Porträt nie bestanden zu
haben. Die Schenkung von sechs Miniaturen
dieser Serie an die Albertina hat nunmehr
auch zur Klarstellung des weiteren Schicksals
der übrigen geführt. Nach dem Tode Marie
Louises (1847) gingen die Miniaturen an
Kaiser Franz Joseph über, der sie in seinem
Schlafzimmer in zwei Tableaus bewahrte.
Nach seinem Tode (1916) wurden auch diese
Objekte dermaßen geteilt, daß die drei Erben,
Prinzessin Gisela von Bayern, Elisabeth Für-
stin Windisch-Graetz und Erzherzog Franz
Salvator je fünf, sechs und fünf Stücke er-
hielten (Haus-, Hof- und Staats-Archiv, OMa
SIOfIII B). Zur Ausstellung der Albertina
konnten dank des großen Entgegenkommens
aller Eigentümer die Werke noch einmal
zusammengestellt und sogar in ihrer ursprüng-
lichen Anordnung rekonstruiert werden
(Abb. 4 u .5). Die chronologische Reihe ihrer
Entstehung ist unschwer nach der Signatur
festzustellen. Isabeys Honorar von 16 459 Frs.
war nicht unbedeutend. Doch der 1916 ein-
gesetzte Betrag von 100000 Kronen zeigt
mehr noch die bleibende hohe Bewunderung,
die man diesem Hauptwerk entgegenbrachte.
Fassungslos erlebte Isabey den Sturz seines
Kaisers. Napoleon war es, der ihn trösten
mußte: „Prenez Courage, Isabey, mes succes-
seurs vous rechercheront . . ." Er flüchtete zu
Marie Louise, die wohl ihren Vater bat, den
Maler aufzunehmen, die aber doch selbst in
einer viel zu schwierigen Lage war. Sie nahm
ihn zunächst in ihre Begleitung nach Aix,
von wo er aber hoffnungsloser denn je nach
Paris zurückkehrte. Er suchte Talleyrand
beim Lever auf, als dieser eben im Begriffe
war die Delegation für Wien zu formieren.
Den um Hilfe Bittenden, wies Talleyrand
lächelnd auf einen Stich an der Wand seines
Zimmers, Terborchs Frieden von Mür
solle doch als Mitglied der franzi
Delegation gleich diesem den Wiener B
darstellen. Er traf am 27. Septembi
in Wien ein, drei Tage nach Tal
bezog ein Atelier im Cafe Jünglinj
poldstadt Nr. 500 (Abb.3),das sich, andt
zum Prater gelegen, bald als besonders
herausstellen sollte. Isabey selbst schilc
führlich den Verlauf seines Aufei
De La Garde ergänzt einiges. Der ei
sucher war Eugene Beauharnais, s:
einigermaßen schwieriger Lage in Wir
kamen der Zar, der König von PreuI
alle anderen; nach kurzem stand er im
punkt der Gesellschaft, organisierte,
gierte seine Feste, Balle, Theater ui
trätierte die Höchsten und die Set
bewundert von der jungen Wiener Gel
in deren Mitte der junge M. M. D
stand.
Den Entwurf zum Kongreßbild legte
Teilnehmern vor, die dann in seinem
der Reihe nach erschienen (Kat. Nr.
noch 1829 im Besitz des Künstlers).
Studien entstanden (Kat. Nr. IVf37 um
einem Skizzenbuch mit 22 Blättern, M
Louvre) und schließlich die Vorlag
Stichwerk selbst (Kat. Nr. IVI3S, 15
Isabey in England verkauft, scho
Besitz der Königin von England).
zunächst eine Schwache, daß die An]
von Figuren durch kein Ereignis bi
ist, so bot sich mit dem unvorherge
Hinzutreten Wellingtons (1. Februar
die zwar für Isabeys fertige Kompositi
Verlegenheit, für das Werk aber ein
Gewinn wurde, die Szene an in
Metternich die Begrüßung und Vor
des neuen Delegierten vornimmt. Im
1815 verfaßte der Künstler eine Subsk
in welcher er das Blatt mit 120, bzw. I
anbietet und das Erscheinen für 1!
kündigt. Es sollte allerdings 1819 '
Auch geht daraus hervor, daß er bis
März bleiben wolle; pünktlich WL
fertig.
Fürst Metternich schreibt ihm zum Al
„ . . .Vous nous quittez, Isabey . . ., je
en vous Yartiste createur, l'homme a
comme tel vous etes citoyen des tov
pays; vous savez si bien fixer les traits
amis, vous saurez egalement ne _
oublier . . .". Am letzten Abend, als r
einmal die in „Nina" triumphierende „g
Bigottini" (Abb. 1) bewundert, verbre
blitzartig der Ruf, daß Napoleon gelar
Isabey eilt nach Paris. Er trifft den
doch dessen endgültiger Sturz ist
haltsam. Isabey verlißt zunächst das
er geht nach England, wo ihm nicht
das Kongreßbild eine neue EXlSN
schaffen sollte.
LITERATUR
ca. Taigny, J. n Isabey, ra vie et scs OCHVRS. Pari
Basily-Callimuki._ . Isabey, S1 vic ct son tcitxps, Pur
Du Montet, Souvenirs. ca. pä! le Cumte de 1a ÜOIIK:
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Wien. Leipzig m2. - Dcr Wiener Kongrcß, Wien 1
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päisthen Miniaturmalcrei, Alben-im Mm- Mai 196!
stellungskanlog, Der Wiener Kongreß, Wien, Hüfbl
Oktober 1965.