in Wien erste Preise errangen. Graz ist damit im österreichischen Jazzleben führend geworden. Im „Forum"-
Keller wurde eine Werkstätte für Druckgraphik eingerichtet. in der Kunstmappen und Einzeldrucke hergestellt
werden, Besondere Bedeutung hat die Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik. die unter dem Titel
„manuskripte" bereits in der 14. Folge erschienen ist. Vor allem in Deutschland findet sie als einzige moderne
Literoturzeitschrift Österreichs allgemeine Beachtung.
Kontakte im ln- und Ausland
Es ist ein bekanntes Faktum. daß die Erfolge, die man außerhalb des heimischen Bereiches erringt, am
gewichtigsten gewertet werden. Auch hier zog eine primäre Zielsetzung eine sekundäre Nützlichkeit nach
sich.
Wir hatten bereits in der ersten Programmsaison damit begonnen. Maler und Bildhauer, Architekten, Dichter.
Komponisten, Theatergruppen, aber auch Kritiker. Soziologen und Kunsthistoriker aus Wien und aus dem
benachbarten Ausland in unser Haus einzuladen. Wir wollten Kontakte herstellen. aus der Isolierung heraus-
treten. uns mit anerkannten Künstlern und Fachleuten konfrontieren. Der Meinungsaustausch und die
Betonung der Gemeinsamkeit über die Grenzen hinweg schien uns sinnvoll und daher notwendig zu vollziehen,
Doch auch diese Einladungen sollten ein umfassenderes Konzept erhalten. Waren wir darangegangen. die
isolierte Stellung des Künstlers in der heutigen Gesellschaft zu überwinden. um wieviel mehr mußte die
Kontaktarmut der Künste untereinander bekämpft werden. mußte ein universelleres Denken und Planen Platz
greifen. Unter diesen Aspekten gelangten 1963 die beiden Zyklen „Das schweizerische Kunstschaffen der
Gegenwart" und .,Die Moderne im slowenischen Kulturbereich" zur Verwirklichung. Dabei haben sich Maler.
Architekten, Dichter, Theaterfachleute und Musiker nicht nur zu Veranstaltungen. sondern auch zu gemeinsamen
Gesprächen gefunden. Diese Gespräche wurden bei den Gastveranstaltungen des ..Forum Stadlpark" in Zürich
im Jänner1964 und in Ljubliana im Frühjahr des gleichen Jahres fortgesetzt. Nach Ausstellungen in München.
Berlin. Wuppertal und Stuttgart wird derzeit ein kontinuierlicher Austausch mit Prag vorbereitet.
lm Inland hat das „Forum" in der Saison 1962{63 in den Räumen der Wiener Secession und in der Neuen Galerie
der Stadt Linz Gastveranstaltungen gegeben. Dieser Kontaktaufnahme sind Gegeneinladungen an die Künstler
der Wiener Secession und an die Linzer ..Merz"-Gruppe gefolgt. Mit der .,Galerie Kunst der Gegenwart" in
Salzburg fand ebenfalls ein künstlerischer Austausch statt. der auch andere kulturelle Institutionen der Städte
Salzburg und Graz mit einbezog.
Der geistige Mittelpunkt einer Stadt
Es scheint verfrüht. die eigentlichen Ursachen, die zum Entstehen des „Forum Stadtpark" in Graz geführt haben.
zu analysieren oder gar eine Diagnose über dessen weitere Entwicklung zu stellen. Alles befindet sich im
Fluß. das Unternehmen entstand aus der Revolte. aus der Aktion. Dennoch dürften dem spontanen Aufbruch
neuer Kräfte latente Spannungen zugrunde liegen. die der Außenstehende an der Zielrichtung der Evolution
wohl abzulesen vermag. Schwieriger ist es für den Ruderer. der das Boot auf einem unbekannten Fluß steuert,
Positions- und Richtungsangaben zu machen. Wenn er dennoch den Versuch macht, muß er einen Ansatzpunkt
von außen finden.
Allenthalben werden heute Versuche unternommen. in den Städten Gremien einzusetzen. die eine kulturelle
Planung und Koordinierung der am Platz wirksamen Kräfte gewährleisten sollen. Dies entspricht offenbar
dem Wunsch, der modernen Stadt ein geistiges Profil zu geben und die Bürger wieder an einer gemeinsamen
Zielsetzung zu interessieren. „Millionen Zielstrebigkeiten bilden das Chaos der Stadt", formuliert Herbert
Eisenreich treffend. und so sucht man Mittel und Wege. diesem Chaos zu entrinnen. die Fäden zu entwirren,
Übersicht zu schaffen und den am allgemeinen Wirrwarr resignierenden Menschen ein Gefühl der Bewältigung
gemeinsamer Pläne zu geben.
Doch diese Kultursenate. Beiräte. Ausschüsse oder wie immer sie heißen mögen, sind zumeist wieder Spezialisten-
gruppen. deren Wirken sich entweder auf Städtebau und Architektur oder auf das Theaterleben oder auf die
Konzerttätigkeit beschränkt. Ihre Arbeit kann auf dem zugewiesenen Gebiet noch so vorteilhaft verlaufen.
sie sind nicht in der Lage. Brücken zu anderen. in der Stadt wirksamen Kräftegruppen zu schlagen, sie geben
der Stadt nicht, was sie braucht, um leben, atmen und sich sinnvoll entwickeln zu können: einen Mittelpunkt,
einen Ort der Begegnung. der offenen Auseinandersetzung, eben ein Forum. das nicht nur dem Freund.
sondern auch dem Gegner zu klärender Aussprache offensteht. in dem man zu den geistigen Strömungen der
Zeit Stellung nehmen kann. in dem die Isolierung der Künste durchbrochen wird. in dem man den iungen.
schöpferischen Kräften Gelegenheit gibt, ihre Arbeiten der Öffentlichkeit zu zeigen. an der Kritik und an der
Konfrontation mit einem nicht bloß konsumierenden Publikum zu reifen, damit in ihnen frühzeitig das Gefühl
der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft erwächst.
Es erscheint fraglich, ob sich in einer Stadt etwa von den Dimensionen Wiens ein solches Forum bilden könnte.
Gleichwohl trägt die Akademie der Künste in Berlin nach dem Bau ihres Hauses im Hansavicrtel manche der
eben erwähnten Voraussetzungen eines geistigen Mittelpunktes. Allein. es liegt nahe, daß wir in der besonderen
Situation Berlins den Grund dafür suchen müssen. Sich in einer außergewöhnlichen Grenzsituation bewähren
zu wollen. wird außergewöhnliche Leistungen zur Folge haben.
Es erscheint uns auch fraglich. 0b in einer kleineren Stadt. in der zwischen den Leuten, die etwas zu sagen
haben, noch ein gewisser Kontakt besteht. wo die Übersichtlichkeit an und für sich günstigere Möglichkeiten
böte. 0b hier etwa von der regierenden Behörde ein Forum gegründet werden könnte. Ohne entsprechende
Zugluft läßt sich so ein Feuerchen nicht entfachen, die Gesellschaft wird sich viel eher engagieren. wenn sie
gegen den Willen einer Behörde oder allgemeine, hemmende Umstände etwas erreichen will. Dieser glück-
liche Umstand war bei der Entstehung des ..Forum Stadtpark" in Graz gegeben. Mit dieser Feststellung haben
wir aber die eigentliche Ursache bloß eingekreist. nicht aber erfaßt.
Sie scheint mir, wenn ich an die Spontaneität denke. mit der die Bevölkerung einer ganzen Stadt einer kleinen
Gruppe von Künstlern Beistand leistete. nicht bloß aus der Unzufriedenheit über den Mangel einer gemeine
samen kommunalen Zielsetzung zu resultieren. Sie liegt viel mehr im Menschen selbst begründet. in der Krise
seiner persönlichsten Existenz. in der Vereinsamung inmitten der ..Millionen Zielstrebigkciten" seiner Um-
gebung. in der Verarmung, der er sich im Wohlstand ausgesetzt sieht. Die in den ,geheizten Eigenhöhlen'
stattfindende Außenlenkung durch Presse. illustrierte. Radio und Fernsehen hat längst eine innere Unruhe
gestiftet, der Mißmut über die Medien. die wohl die verschiedensten Eindrücke vermitteln. aber nicht Rede und
Antwort stehen, läßt im Unterbewußtsein das Bedürfnis nach dem Gesprächspartner wachwerden.
Der Mensch ist als Konsument Outsider, der wohl alles empfangen, selbst aber keinen Einfluß nehmen kann.
Vollends verliert er seine Sicherheit, wenn er den geistigen Aussagen seiner Zeit, den künstlerischen Produkten
der Gegenwart begegnet. Er negiert sie, mit Leidenschaft, womit er aber bloß dokumentiert. daß er keine
Chance sieht, die Kluft. die ihn von ihnen trennt. zu überbrücken. Die Geburtsstunde dieser neuen Kunst fällt
aber in die Anfänge unseres Jahrhunderts. Was seither geschieht. ist eine Modifizierung, eine Vervollkommnung
ihrer Spielarten. Künstler und Gesellschaft emptinden. daß es an der Zeit sei. den Weg zueinander ZU suchen.
Die neuen Räume, die Wissenschaft und Kunst aufgeschlossen haben. liegen offen zutage. Wo findet sich der
Mittler. der sie der hungrigen Gesellschaft erschließt? Wo postuliert sich das geistige Abenteuer ohne Bedacht-
nahrne auf die Sicherheit der Existenz? Wo ist die Plattform für die Freiheit von Gesinnung und Aussage? Der
Mensch resigniert nur zum Schein. insgeheim erhofft er den Ruf einer neuen Generation. Wenn er erfolgt. trifft
er auf offene Ohren. Die Angst verliert ihren Schrecken.
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